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Zeit im Bild, 1913, Jg. XI, Bd. 3, S.2068-2069
Film-Allerlei
Die Deutsche Bioscop-Gesellschaft in Berlin bringt in nächster Zeit einen Film auf den Markt, der berechtigtes Aufsehen erregen dürfte. Er betitelt sich: "Der Student von Prag", umfasst vier Akte und hat Hanns Heinz Ewers zum Verfasser. In der Titelrolle tritt Paul Wegener auf. Ein zweiter Film, gleichfalls von Ewers, eine zweiaktige Burleske "Eine ideale Gattin" wird in der Hauptrolle von Paul Biensfeldt vom Deutschen Theater zu Berlin dargestellt. Die gleiche Filmgesellschaft projektiert eine Serie von nicht weniger als zwanzig Künstlerfilms, als deren Verfasser Hanns Heinz Ewers, Ludwig Ganghofer, Adolf Paul, Leo Greiner, Rudolf Herzog, Fritz Mauthner fungieren. Als Rollendarsteller für diese Serie wurden verpflichtet : Alexander Moissi, Tilla Durieux, Paul Wegener, Carl Clewing, Lucie Höflich, Grete Wiesenthal, Paul Biensfeldt, Grete Berger, Lyda Salmonowa, Johanna Terwin, John Gottowt.
Messters Projektion, Berlin, bearbeitet Richard Voss' "Schuldig" für die weisse Leinwand. Die einzelnen Rollen liegen in den Händen von Eduard von Winterstein, Leopoldine Konstantin, Martha Angerstein, Harry Liedtke, Erich Kaiser-Tietz, Toni Impekoven, Jakob Tiedke, Paul Paschen. Regie von Dr. Hans Oberländer, Begleitmusik von Dr. Becce.
Die Firma Eclipse in Berlin hat die "Forschungsreisen des Herzogs von Montpensier" aufgenommen. Der 1500 Meter lange Film teilt sich in die gesonderte Darstellung der Expeditionen nach Indo-China und in jene nach Kambodscha. Ausser Jagdszenen ist viel Lehrreiches und bisher Unbekanntes über die Sitten und Gebräuche der dortigen Eingeborenen enthalten.
Mit der Verfilmung von Shakespeare-Werken haben die Engländer keine glückliche Hand. Frühere Versuche mit dem berühmten Schauspieler Beerbohm-Tree endigten mit einem entschiedenen Misserfolge. Neuerdings liess sich der sehr populäre Schauspieler Sir Forbes-Robertson vor seiner amerikanischen Tournee in "Hamlet" filmen, mit welchem Erfolge, bleibt abzuwarten.
Der Maler Hubert v. Herkomer errichtete in Lululaund, einer Landschaft, die durch ausserordentliche Schönheiten besticht, eine eigene Anlage für Kinoaufnahmen, und dürften die ersten Films schon diesen Herbst erscheinen.
Die Weltfirma Pathé frères in Paris bringt demnächst eine Verfilmung von Emile Zola's "Germinal" heraus. Henry Krauss, der geniale Schöpfer des neunaktigen Victor Hugo'schen Riesendramas "Mensch unter Menschen", wird die Rolle des Etienne Lantier kreiiren. Der Film wird eine Länge von 3000-4000 Meter umfassen.
Professor Engelbert Humperdinck, der bekannte Komponist von "Hänsel und Gretel", der "Königskinder" usw., ist unter die Filmkomponisten gegangen. Er schreibt zu dem von Max Reinhardt inszenierten Film "Mirakel" von Vollmöller die Musik. Paul Lincke's zweiaktige Operette "Der Glückswalzer", die der Berliner Komponist gemeinschaftlich mit Willi Steinberg verfasst hat, wird mutmasslich heuer noch in einer Länge von etwa 2000 Metern im Film erscheinen. Die Musik, welche hierzu vollständig neu komponiert wurde, wird den Umfang einer abendfüllenden Operetten-Partitur besitzen.
Die Filmdiva Frau Lilli Beck-Magnussen, zulegt bei der Nordischen Film-Company in Kopenhagen tätig, hat ein vorteilhaftes Engagement bei der Vitagraph Company in Newyork angenommen.
Asta Nielsen filmt derzeit mit ihrem Gatten Urban Gad und ihrer deutschen Truppe in der Gegend von Humlebäk (Dänemark), wo die Sommervilla des Vaters Urban Gads, des Admiral Gad, liegt.
Die Tänzerin Rita Sachetto [Sacchetto] weilt zurzeit in Dänemark. Sie wirkt bei Filmaufnahmen der Nordischen Film-Company in Avedöre bei Kopenhagen mit.
Der norwegische Staatsminister Dr. Sigurd Ibsen, ein Sohn des grossen Henrik Ibsen, schloss mit der Literaria-Film-Gesellschaft (Berlin) einen Vertrag, demnach unter Mitwirkung zweier bedeutender norwegischer Künstler eines der stärksten Dramen Ibsens gefilmt werden solle. In Norwegen begegnet dieser Entschluss des Ministers starker Opposition.
Sudermanns "Katzensteg" soll demnächst verfilmt werden. Das Honorar beträgt - einem on dit zufolge - 60000 Mark. Asta Nielsens 30tägiges Gastspiel in Budapest endete nach anfänglich massloser Begeisterung des Publikums mit einem Misserfolg. Die Gründe werden in den pekuniären Anforderungen der Schauspieler, dann in den dadurch bedingten horrenden Eintrittspreisen, in der überlangen Ausdehnung des Gastspiels und schliesslich in dem Spiel der Schauspielerin selbst, deren Leistungen eben nur für die Filmbühne berechnet und wirksam sind, zu suchen sein. Der Oberregisseur der Imp-Films-Co. (Newyork), Mr. Brenon, sowie der Liebling des internationalen Kino-Publikums Mr. King Baggot sind mit einem Stabe amerikanischer und europäischer Schauspieler in London eingetroffen. Sie beabsichtigen, auf dem Kontinente eine Reihe von Filmdramen zu stellen.
Professor Max Reinhardt, Regisseur Wilhelm und eine kleine Gesellschaft von Schauspielern, Operateuren und Hilfsarbeitern, unternahmen vom 11. bis 17. April Filmaufnahmen in Venedig. Die italienische Polizei suchte die Filmaufnahmen zu beschlagnahmen, musste sich jedoch mit einigen unbelichteten Filmrollen begnügen, da die belichteten Rollen bereits Tags vorher nach Berlin gesandt worden waren. Auf die Aufnahmen, welche im Herbst ihren Weg über die deutschen Lichtbildbühnen antreten sollen, kann man gespannt sein.
Henny Porten, die beliebteste deutsche Filmschauspielerin, verpflichtete sich der Autor-Film-Co. in Berlin, die einen Ableger der Firma Messters Projektion in Berlin darstellt. Die neue Gesellschaft will pro Jahr zehn Sujets mit Henny Porten in der Hauptrolle herausbringen.
Henryk Sienkiewicz verklagte die italienische Firma "Cines" auf eine Schadenersatzsumme von einer Million Mark, weil die römische Gesellschaft den Film "Quo vadis?" unberechtigterweise im Ausland aufführen lasse.
Die Literaria-Film-Gesellschaft, ein Tochterunternehmen der Firma Pathé frères, Berlin-Paris, projektiert eine deutsche Serie Autorenfilms. An Autoren, Schauspielern, Komponisten usw. sind gewonnen: Hermann Sudermann, Hans Hyan, Klara Viebig, Walter Turczinsky, Svend Gade, Jean Gilbert, Franz Schönfeld, Erna Morena, Tatjana, Irrah [Irrah, Tatjana], Friedrich Kayssler, Frau Rosa Bertens, Traute Carlsen. In Vorbereitung befinden sich folgende Films: "Der Katzensteg" von Hermann Sudermann, zwei grosse Dramen von Hans Hyan, eine Novelle von Klara Viebig in der Länge von ca. 3000 Metern, einige Stücke von Walter Turczinsky.
Suzanne Grandais, die ehemalige Hauptkraft der Weltfirma Léon Gaumont in Paris, hat sich der Deutschen Kinematographen-Gesellschaft in Köln a. Rh. verpflichtet. Der erste dreiaktige Film "So ist das Leben" erscheint im August.
Die Düsseldorfer Film-Manufaktur L. Gottschalk, Düsseldorf, hat die Hugo von Hoffmannsthal'sche Pantomime "Das fremde Mädchen" zur Verfilmung erworben. Grete Wiesenthal wird die Hauptdarstellerin sein. Die Begleitmusik stammt von Hans Richard Weinhäppel, genannt Hannes Ruch.
"Wie ich Komponist wurde", ein höchst origineller Filmschwank, der den interessanten Werdegang des populären Komponisten Jean Gilbert darstellt und den Autor Svend Gade zum Verfasser hat, wurde in der Filmgesellschaft Literaria (deutsche Zweigfirma der französischen Firma Pathé frères) in Tempelhof zur kinematographischen Verwertung erworben. Jean Gilbert, der sich als Schöpfer von "Puppchen", "Kino-Königin" usw. einer ungeheueren Popularität erfreut, wird in der Hauptrolle dieser Filmkomödie persönlich auftreten.
In England erhalten einige Schauspielerinnen, die nebenbei für das Kino arbeiten, grosse Gagen - 100 Pfund Sterling - 2000 Mark - und mehr pro Woche.
England, Belgien und Frankreich ziehen eine Kinosteuer in Erwägung.
Ein amerikanischer Professor soll einen Apparat erfunden haben, der es ermöglicht, Filme auf telegraphischem Wege, gleichviel auf welche Entfernungen, weiterzugeben. Details bleiben abzuwarten.
Der deutsche Kaiser besitzt bekanntermassen im Neuen Palais zu Potsdam ein eigenes Kinotheater, an dem der König von England bei seinem letzten Besuche so grossen Gefallen fand, dass er ein solches im Londoner Buckingham-Palaste einrichten lassen will. Dieses Theater soll in erster Linie den jüngeren Mitgliedern des englischen Königshauses zur Unterhaltung und Belehrung dienen.
Präsident Woodrow Wilson der Vereinigten Staaten von Nordamerika liess sich kürzlich mit dem gesamten Staatsdepartement filmen.
Albert Bassermann wird demnächst in zwei neuen Films spielen. Der erste ist nach einer Novelle von Paul Lindau, vom Dichter selbst für das Kino bearbeitet, der zweite wurde nach einer Novelle von Richard Fischer von Bassermann eigenhändig zur Kinodarstellung eingerichtet. Im Oktober hat der grosse Schauspieler in einem dritten Kinostück die Hauptrolle zu spielen, das Felix Salten zum Verfasser hat.
In Wien soll ein Verband österreichischer Kinoautoren gegründet werden.
Direktor Jarno (Wien) ist mit seinem Lustspielhaus im Prater unter die Kinodirektoren gegangen.
In einem Sanatorium zu Fontainebleau starb Paz Ferrer, die Tochter Francesco Ferrers, der in Barcelona erschossen wurde, an Lungenschwindsucht im Alter von 30 Jahren. Die zu grossen Hoffnungen berechtigte Künstlerin trat auch in einigen Filmschöpfungen der Pariser Film d' Art-Gesellschaft auf. Zuletzt war sie auf einer Gastspielreise in München, wo sie erkrankte und nach Frankreich zurückgebracht werden musste.
In Berlin wird nach amerikanischem Muster nächster Tage in dem neben der Sezession gelegenen Park ein Sommerkino eröffnet, das unter dem Namen "Sommer-Spiele, Kino im Grünen" kinematographische Vorführungen im Freien bieten wird. In Wien beabsichtigt der Wiener Kinematographenklub an historischen Wiener Plätzen und alten Häusergruppen kinematographische Aufnahmen zu machen, an welchen Wienerinnen und Wiener in entsprechenden historischen Kostümen nach den von einzelnen Komitees entworfenen Szenen teilnehmen sollen.
Die internationale Film-Industrie hat sich für das vom Kaiser und seinem Hause oft bekundete Wohlwollen insoferne dankbar gezeigt, als sie die Herausgabe eines Prachtwerkes "Der Deutsche Kaiser im Film" als bescheidene Huldigung zum Regierungsjubiläum des Kaisers bewerkstelligte.
Max Linder, der berühmte Pathé-Komiker, hat in Paris ein eigenes Kino eröffnet. Dieses befindet sich im Faubourg Montmartre, Boulevard, Poissonnière.

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