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#4367

Verwaltungsarchiv, 1915, Bd. 23, S.121-122

[Verwaltungsarchiv 1915, Bd.23, S.121-122 Ebner: Rezension ...]

Verwaltungsarchiv 1915, Bd.23, S.121-122

Ebner: Rezension [BESL1914]

Illiger, Die Besteuerung der Lustbarkeiten in Preussen. Berlin 1914. Carl Heymanns Verlag. VIII, 171 S. Preis 4 M.

Das Werk behandelt im ersten Teile die kommunale Besteuerung der Lustbarkeiten nach dem Kommunalabgabengesetze vom 14. Juli 1893, im zweiten die staatliche Besteuerung nach dem Stempelsteuergesetze vom 31. Juli 1895 in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juni 1909. Es hat die Form eines Kommentars zu diesen Gesetzen und bringt alles, was zu ihrer Anwendung in der Praxis gehört, nämlich sämtliche Ausführungsanweisungen, Erlasse und Musterordnungen sowie die Ordnung für die Besteuerung von Lichtspieltheatern in Berlin, dazu ein sehr genaues Sachregister. Die Rechtsprechung und die Literatur sind bis in die neueste Zeit hinein ausgiebig und verständnisvoll verwertet, es ist wohl kaum eine der zahlreichen Streitfragen dieses schwierigen Gebiets unerörtert geblieben, so dass sich das Buch als einen nie versagenden und zuverlässigen Führer und Ratgeber für alle staatlichen und kommunalen Behörden darstellt, die mit der Lustbarkeitssteuer zu tun haben. Auch die zahlreichen Gewerbetreibenden, Vereine, Gesellschaften, Klubs usw., die sich mit der Veranstaltung von Lustbarkeiten befassen, werden hier stets erschöpfende Auskunft finden.

Im einzelnen möchte ich folgendes bemerken. Auf S. 11 sagt der Verfasser, für die Beantwortung der Frage, ob eine Darbietung als Lustbarkeit veranstaltet sei, bleibe allein die Wirkung entscheidend, die der Veranstalter bei dem Publikum hervorzurufen beabsichtige; wolle er dasselbe ergötzen und unterhalten, so veranstalte er eine Lustbarkeit selbst dann, wenn er gleich voraussehen dürfe, dass ein Teil der Besucher durch das Streben nach Belehrung oder dergl. zu dem Besuche bestimmt sein möge; wolle er jenes nicht, sondern unterhaltend, bildend, religiös erbauend wirken oder etwa durch die Ausstellung von Kunst- usw. Erzeugnissen deren Verkauf und Absatz fördern, so sei seine Veranstaltung keine Lustbarkeit, möge sie auch von manchem aus dem Publikum lediglich um der Unterhaltung willen besucht werden. Wolle er z. B. ausschliesslich oder doch vorwiegend einen Geldgewinn - sei es zum eigenen Vorteile sei es für gemeinnützige oder wohltätige Bestrebungen - erzielen, so dürfe immerhin davon ausgegangen werden, dass auf möglichst zahlreichen Besuch und daher auf die Schaulust, das [Sensationsbedürfnis] Sensations- und das Unterhaltungsbedürfnis der grossen Menge (wenn auch mit der Nebenhoffnung, dass bei manchem auch noch andere Beweggründe bestimmend sein möchten) rechnet, also eine Lustbarkeit veranstaltet hat. Diese Ausführungen sind allerdings der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 1897 (Bd. 32 S. 107) entnommen, nach der Art ihrer Anführung muss man aber vermuten, dass sie der Auffassung des Verfassers entsprechen. Kurz vorher (S. 9) führt er dagegen aus der Ausführungsanweisung Art. 11 Abs. 2-4 und einigen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts die Sätze an, die Besteuerung von Lustbarkeiten, bei denen ein höheres wissenschaftliches oder Kunstinteresse obwalte, erscheine nur dann gerechtfertigt, wenn zugleich auf seiten des Unternehmers die Absicht der Gewinnerzielung zum eigenen Vorteile - nicht etwa zugunsten wohltätiger oder gemeinnütziger Zwecke - bestehe; die Ausführungsanweisung erkläre vom Standpunkte der praktischen Verwaltung aus die Besteuerung in den Fällen eines Erwerbszwecks für ungerechtfertigt; eine Unterscheidung, ob die Gewinnabsicht mehr oder weniger hervortrete, sei ihr fremd. Mir scheint es, als ob diese beiden Stellen nicht miteinander übereinstimmen, in der einen wird auf die Gewinnabsicht ein grösseres Gewicht gelegt als in der anderen. Wie schwierig die Frage ist, geht schon daraus hervor, dass der § 15 KAG. die Besteuerung der Veranstaltungen von höherem künstlerischem oder wissenschaftlichem Interesse zulässt, die Tarifstelle § 39 LStG. dagegen nicht. Die beiden Gesetze verstehen also unter Lustbarkeit nicht dasselbe. Die Kommunalbehörden sind hier vor eine kaum von ihnen zu lösende Aufgabe gestellt; nach mehreren Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (z. B. Bd. 48 S. 172) sind dabei nicht allein die Begabung und Ausbildung des beteiligten Spielers oder Darstellers sowie der Inhalt des vorzutragenden Stückes, sondern auch die äusseren Umstände, unter denen die Darbietung stattfindet, zu berücksichtigen; nur der wirklichen Kunst oder Wissenschaft, nicht auch einem Scheinbilde, soll eine besondere Ausnahmestellung eingeräumt werden (Entsch. des Oberverwaltungsgerichts Bd. 34 S. 208). Bildungsstätten zu besteuern, lässt sich nicht rechtfertigen, es haben auch wohl nur sehr wenige Kommunen von der Befugnis des § 15 KAG. Gebrauch gemacht.

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