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Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien., 1884, Bd. 34, S. 308-380h

[Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher ...]

Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Wien. 1884, Bd. 34, S.308-380h

Von Dr. J. M. Eder.

Die Momentphotographie.

Vortrag, gehalten am 2. Jänner 1884.

Mit einer Tafel in Lichtdruck und 41 Meldungen im Text.

Vorwort.

Der Zweck des Vortrages über die Momentphotogruphie war eine ausführliche Darstellung über alles Dasjenige zu geben, was auf diesem Gebiete der Photographie zu leisten möglich ist, und solche Leistungen vorzuführen. Die photographischen Manipulationen und technischen Erfordernisse, deren Kenntniss zur praktischen Ausführung nothwendig sind, dürften bei einem geschickten Fachphotographen leicht erlernbar sein.

In der That gibt es viele Dilettanten aus allen Kreisen der Gesellschaft, welche Photographie und speciell Momentphotographie treiben. Wenn diese Thätigkeit bis jetzt nicht fruchtbringender für Kunst und Wissenschaft war, so hat das seinen Grund wohl darin, dass das Arrangement nicht gut getroffen worden und der Gesichtskreis des Experimentirenden vielleicht zu eng war.

Die Vorbilder und Winke, welche hier gegeben sind, dürften in zahlreichen Variationen zur Nachahmung anregen und mögen beitragen, die Photographie in weitere Kreise zu tragen.

Schliesslich fühlt sich der Verfasser verpflichtet, den Herren: Regierungsrath Dr. E. Hornig, Prof. Dr. H. W. Vogel, Capitän Baden-Pritchard, dem Herausgeber des "Photographic News", Robinson in London, Lugardon in Genf, W. Knapp in Halle seinen wärmsten Dank für die Freundlichkeit auszusprechen, mit welcher sie ihm die Mühe der Beischaffung der Illustrationen erleichterten, sowie den Herren Angerer und Göschl in Wien, welche ebenso rasch als vortrefflich die Reproduction vieler der gegebenen Bilder in Photozinkotypie ausführten.

Der Verfasser.

Die "Momentphotographien" sind durchaus keine Erfindung der neuesten Zeit. Schon Daguerre nnd später Talbot nahmen Menschen in Bewegung vor mehr als 30 Jahren auf. Allerdings waren damals die zu den Aufnahmen benutzten Linsen lichtarm und die photographischen Platten unempfindlich; solche Bilder konnten deshalb nur sehr geringen Anforderungen genügen.

Das im Jahre 1850 vom Franzosen Le Gray erfundene und bald darauf vom Engländer Archer verbesserte Collodionverfahren übertraf das Daguerre'sche um das 15- bis 30fache an Empfindlichkeit. Die Momentphotographien waren dann nicht mehr selten und auf der Londoner Weltausstellung 1802 wurden vielfach Momentbilder und Apparate, mit denen sie hergestellt waren, gebracht.

Durch die Erfindung des Verfahrens mit Bromsilber-Gelatine-Emulsion durch den englischen Arzt Dr. Maddox (1871), welcher die Photographie zu seinem Vergnügen betreibt, wurde ein enormer Fortschritt in der Präparation ausserordentlich lichtempfindlicher Platten gemacht. (0) Solche Platten, welche trocken sind ("Trockenplatten"), kann man gegenwärtig mit der ungefähr 20fachen Empfindlichkeit der Collodionplatten herstellen. Sie halten sich sehr lauge Zeit und zwischen der Belichtung in der Camera und der Hervorrufung des Bildes können Monate ohne Schaden verstreichen, was besonders für Reisende werthvoll ist.

Ein ungeheurer Fortschritt in der Augenblicksphotographie wurde durch die Verwendung solcher Emulsionsplatten und lichtstarker Linsen erzielt.

Die gewöhnliche Porträtphotographie zieht vielen Nutzen aus der Abkürzung der Belichtungszeit. Schon nach 20-30 Secunden wird zumeist der Ausdruck der unbeweglich sitzenden Person gezwungen, der Blick starr, die Miene steif oder verzerrt (1); 4-6 Secunden, d.i. die Zeit, welche gegenwärtig eine photographische Porträtaufnahme meistens währt, kann dagegen fast Jeder vertragen. Durch die kürzere Exposition erhalten die Porträte bedeutend mehr Leben und der Ausdruck ist ungezwungen.

Im Porträt-Atelier des Photographen werden in der Regel auch heute noch keine wirklichen "Momentbilder" gemacht. Da man das Licht durch Gardinen und Vorhänge dämpfen muss, um künstlerische Be-Icuchtungs-Effecte zu erzielen, wird zu viel Licht geraubt. Geht es nicht anders, z. B. wenn kleine Kinder zu photogrnphiren sind, so lässt man reichlich Licht in das verglaste Atelier treten und exponirt mit den lichtstärksten Objectiven 1/2, 1/4 oder 1/8 Secunde. Man öffnet und schliesst den Deckel der Linse, so rasch man kann, oder benutzt einen "Klappenverschluss" vor dem Objectiv. Solche Klappen lassen sich durch den Druck auf einen Kautschukballon, d. i. pneumatisch, öffnen und schliessen. Fig. 1 zeigt, wie der Photograph die Aufmerksamkeit eines Kindes fesselt und unbemerkt den Apparat rasch öffnet und schlicsst. (2)

So werden die Bilder von Tänzerinnen, Gymnastikern, Fechtern etc. gemacht. Sie sind keine Augenblicksbilder im eigentlichen Sinne des Wortes, weil die Person während der Aufnahme ruhig stand, wenn auch nur kurze Zeit.

Anders gestaltet sich die Sache, sobald der zu photographirende Gegenstand in fortgesetzter Bewegung ist, wie dies z. B. bei gehenden Menschen, trabenden Pferden, fahrenden Schiffen der Fall ist,

Dazu muss die Expositionszeit längstens 1/I0 Secunde betragen. Meistens aber ist diese Zeit schon viel zu lang. Eine bewegte Strassenscene wird in der Regel ungefähr 1/50 Secunde exponirt und in schwierigen Fällen darf man die Zeit von 1/200 ja sogar 1/1000 Secunde nicht überschreiten. Unter solchen schwierigen Verhältnissen müssen die Nebenumstände möglichst günstig sein: Sonnenlicht, hell erleuchtete Scenerie, lichtstarke Linsen, höchst empfindliche Platten, - Alles muss harmoniren

Es lässt sich in Kürze zeigen, inwieferne der Photograph seine Arbeit sich zurechtlegen kann.

Zunächst soll eine kleine Tabelle für die Geschwindigkeiten mitgetheilt werden, wie rasch sich verschiedene Objecte in der Natur zu bewegen pflegen: (3)

.um - Meter in 1 Secunde Ein Mann, der 4 Kilometer pro Stunde zurücklegt 1.11 " " " 6 " " " " 1.40 Ein Schiff, welches 9 Knoten die Stunde macht 4.63 " " " 12 " " " " 6.17 Eine Woge, 30 Meter gross, bei einer Tiefe von 300 Meter 6.81 Ein Schiff, welches 17 Knoten in der Stunde macht 8.75 Ein Torpedoboot, welches 20 Knoten in der Stunde macht 10.80 Ein trabendes Rennpferd 12-00 Ein gallopirendes Rennpferd (900 Meter in der Minute) 15.00 Ein Expresszug von 60 Kilometern pro Stunde 16.67 Flug eines Falken oder einer Brieftaube 18.00 Eine Woge bei einem Seesturm 21.85 Ein Expresszug der schnellsten Art 26.81 Flug eines der schnellsten Vögel 88.90 Eine Kanonenkugel 500.00 .um +

Darnach kann man von Fall zu Fall die Kürze der Belichtungszeit berechnen und den "Momentverschluss" wählen.

Für wirkliche Momentbilder braucht man eigene Vorrichtungen, welche das rasche Öffnen und Schliessen gut besorgen. Fig. 2 .zeigt einen solchen Verschluss in der einfachsten Form. (4)

B ist ein Brett, welches in dem Rahmen cc senkrecht verschiebbar ist. Der Rahmen sitzt mit seiner Rückseite auf dem Objectivglas L des photographischen Apparates (letzteres ist durch den punktirten Kreis L angedeutet). In der in der Figur angedeuteten Stellung ist das Glas durch den unteren Theil des Brettes gedeckt, g ist eine Spiralfeder, welche, sobald der Stift s weggezogen ist, das Brett mit grosser Geschwindigkeit nach unten zieht, so dass das Objectivglas in dem Moment frei wird, wo die Öffnung O dasselbe passirt, um dann sofort wieder durch den oberen Theil B zugedeckt zu werden.

Durch Anbringung starker Federn etc. ist es möglich, den "Moment" von 1/20 bis 1/500 und darüber zu reduciren.

Um gute Momentbilder machen zu können, sind gute photographische Linsen (Objective) erforderlich. In der That war die Entwicklung dieses Zweiges der Photographie vom Fortschritt in der photographischen Optik ebenso abhängig als von der photographischen Chemie.

Von den zu Momentaufnahmen besonders geeigneten Linsen sind zu nennen: der Antiplanet von Steinheil in München, die Rapid-Symmetrical-Lens von Röss in England und unter gewissen Umständen das Voigtländer'sche Porträtobjectiv. Obwohl das letztere das lichtstärkste ist, zieht man doch das erstere der correcteren Zeichnung und grösseren Schärfe wegen vor. (5) Nicht immer benützt man das Objectiv mit voller Öffnung, sondern blendet es meistens so ab, dass der Durchmesser der Blende 1/12 der Brennweite beträgt; dadurch wird die Lichtkraft 4 mal geringer, als wenn der Linsendurchmesser 1/6 der Brennweite beträgt, aber an Schärfe des Bildes wird viel gewonnen.

Die Camera wird in der Regel leicht und compendiös gebaut, so dass ein Mann sie leicht (inclusive einer Anzahl empfindlicher Trockenplatten) transportiren kann. Als Beispiel sei die Schröder'sche Reisecamera (Berlin) angeführt, welche die Fig. 3 aufgestellt und zur Aufnahme bereit zeigt. Alles lässt sich in die (daselbst abgebildeten) zwei Köfferchen packen, der Dreifuss eng zusammenlegen und an einem Riemen über der Schulter tragen. (6)

Für gewöhnlich steht der Apparat unbeweglich. Man stellt einen Gehilfen an einem markirten Punkte der Strasse auf, richtet die Camera darauf und wartet dann den Augenblick ab, in welchem der sich bewegende Gegenstand den Punkt passirt, den früher der Gehilfe eingenommen hatte. Lässt man den beweglichen Gegenstand gerade auf den Apparat zukommen, so ist die scheinbare Bewegung klein. Unvergleichlich grösser ist sie, wenn der Gegenstand sich quer vor der Linse vorbei bewegt.

Je kleiner der Gegenstand auf der Visirscheibe der Camera erscheint, desto kleiner ist auch seine scheinbare Bewegung. Da nun ein Gegenstand im photographischen Apparat um so kleiner erscheint, 1. je weiter er von der Linse entfernt ist, 2. je kürzer die Brennweite der Linse ist, so folgt, dass beide Factoren auf die scheinbare Verschiebung der Contouren des Bildes Einfluss haben. Andererseits ist es einleuchtend, dass die Belichtungszeit zur Erlangung eines scharfen Bildes um so kürzer sein soll, je grösser die scheinbare Verschiebung der Bildcontouren während einer gewissen Zeit ist.

Dies macht nachfolgende Tabelle klar:

.um - Entfernung des Gegenstandes von Geschwindigkeit für 1 Secunde der Linie (dem Objectiv) 1 Meter 5 Meter 10 Meter Belichtungszeit in Secunden 100fache Brennweite 1/100 1/500 1/1000 500fache " 1/20 1/100 1/200 1000fache " 1/10 1/50 1/100 .um +

Der Gebrauch der Tabelle ist einfach: Bewegt sich ein Pferd in einer Entfernung von dem Objectiv, welche gleich der 1000fachen Brennweite ist, 5 Meter in der Secunde, so ist das Bild genügend scharf, wenn man 1/50 Secunde belichtet. Ist das Pferd aber vom Objectiv nur um die 100fache Brennweite entfernt, so darf man nur 1/500 Secunde (d. i. 10mal kürzer) belichten.

Daraus folgt, dass es um so schwieriger ist, gute scharfe Momentbilder zu machen, je näher der aufzunehmende Gegenstand ist. Es muss dann viel kürzer belichtet werden, um scharfe Bilder zu erhalten, und nur Platten von höchster Empfindlichkeit und gutes Licht geben brauchbare Resultate. Je kleiner also die Bildchen oder richtiger gesagt die Figuren auf dem Bilde werden - sei es durch weitere Entfernung der sich bewegenden Gegenstände oder durch Verwendung von Linsen mit kürzerer Brennweite - desto leichter ist es, gute Momentbilder zu machen, weil der "Moment

während der Dauer der Belichtung nicht so kurz zu sein braucht.

Die Schwierigkeit wächst demgemäss bedeutend, wenn die Figuren gross aufgenommen werden und trotzdem scharf und reich an Details sein, sollen.

Diese Schwierigkeiten machen es erklärlich, warum viele Photographen es vorziehen, die Momentbilder in kleinem Format herzustellen und diese Photographien erst zu vergrössern.

Belichtet man die Platte allzu kurz, so fehlt die Zeichnung in den Schatten und die photographischen Bilder erscheinen nur als Silhouetten. Sehr viel kommt auf die Art des aufzunehmenden Bildes an. Ein Seestück mit freiem Himmel erscheint 3 mal heller als eine offene freie Landschaft und 20 mal heller als eine Landschaft mit dichtem Baumschlag im Vordergründe.

Wird ein in Bewegung befindlicher Gegenstand "momentan" aufgenommen, so erscheint das Bild trotzdem niemals absolut scharf. Die Verschiebung auf der Platte ist aber sehr gering; die zulässige Grenze der Unschärfe der Contouren mag bei 0.1 Millimeter liegen. Dann lassen die Bilder auch eine Vergrösserung zu und erscheinen hinlänglich scharf.

Die Grösse der Verschiebung des Bildes auf der Platte hängt, wie erwähnt, nicht nur von der Geschwindigkeit des sich bewegenden Gegenstandes, sondern auch von dessen Entfernung von der Linse und der Brennweite der letzteren ab.

Sehr ansprechend sind momentane Architekturaufnahmen. Strassenbilder etc. mit bewegten Figuren. Fig. 4 zeigt die Momentaufnahme der Leipziger Strasse in Berlin, welche von Prümm in 1/20 Secunde aufgenommen worden war. (Holzschnitt nach der Originalphotographie. (7)

Bei solchen Strassenzügen muss das Objectiv nicht selten stark abgeblendet werden, damit sowohl Vorder- [Vordergrund] als Hintergrund scharf erscheint.

Andere vortreffliche Strassenbilder rühren von Scolik und Burger in Wien, ferner von Dilettanten, wie Lieutenant David, Graf Eszterhazy u. A. her.

Landschaftdaufnahmen wirklich momentan zu machen, ist unter Umständen schwer. Befinden sich weisse Häuser, helle Felsen, freies Gewässer im Vordergrund und wenig Laubwerk im Hintergrund, so kann man ähnlich wie bei Strassenbildern 1/20 bis 1/50 Secunden belichten und helle Gegenstände, wie Viehheerden etc., momentan photographiren.

Landschaften machen einen mehr künstlerischen Effect durch die Einführung von lebenden Figuren in den Vorder- oder Mittelgrund. Trifft man das Arrangement selbst, so kann man die Figuren auf eine kleine Bewegung beschränken und mit mässig abgeblendeten Landschaftslinsen 1/2 oder 1/4 Secunden exponiren, sobald helles Licht herrscht.

Fig. 5 zeigt ein solches Bild von dem berühmten, englischen Photographen Robinson, welche eine rohe Skizze nach der ausgezeichneten Original-Photographie (28x38 Centimeter) ist. (8) Fig. 6 zeigt die photographische Wiedergabe einer anderen Landschaft mit lebenden Personen desselben Künstlers im verkleinerten Massstabe (nach einem "Ink-Photo" von Sprague in London in Photozinkotypie von Angerer und Göschl in Wien reproducirt). Vor mir liegt eine ganze Serie von Blättern dieses unübertroffenen Meisters von echt künstlerischem Verständniss. Unansehnliche Landschaften mit ärmlichen Gesträuchen, leere Strandpartien ins Weite mit zartem Nebel verlaufend, erhalten durch bewegte, kräftig gezeichnete Figuren im Vordergrund einen unendlichen Reiz. Keine todte Photographie, ein lebendiges Kunstwerk tritt uns entgegen

Wie gut mittelst der Camera Landschaftsstudien gemacht werden können, wird Fig. 7 klar machen. (9) Es ist dies eine Momentaufnahme von William Mayland in London und stellt das Leben auf der Themse dar. Ein mächtiger Dampfer, welcher einige Boote nachschleppt, gleitet die Themse hinab. Schwarze Rauchsäulen qualmen aus den Schornsteinen und hüllen einen Theil des Himmels in schwarze Wolken. Einige solche Bilder machen das dortige Leben und Treiben einem Maler mehr anschaulich als zahlreiche Skizzen eines Zeichners.

Mit sehr kurz belichteten (1/100 Secunden) sonnenbeleuchteten Landschaften lässt sich aber ein hübscher Effect erzielen. Die in Folge der zu kurzen Belichtung fast schwarze und mit wenigen hellen Lichtern erhellte Landschaft macht den Eindruck eines Mondscheinbildes; solche liegen z. B. von Schwarz in Berlin, Burger in Wien u. A. vor.

Je heller das Liebt, desto kürzer kann man den "Moment" machen. Besonders günstig wirken grosse Wasserflächen. Dass unter dem heiteren Himmel Amerikas noch ganz andere Kunststücke möglich sind als in dem wolkigen Europa, wird Jedermann glauben. Lincoln in Cambridge-Fort nahm Bilder auf Platten von 7x9 Zoll mittelst eines Euryskopes auf. Es sind Segelboote, die fast das ganze Bild ausfüllen und die im vollen Lauf von der Schattenseite aufgenommen sind. (10)

Nicht nur fahrende Schiffe, sondern auch Wettrennen wurden schon mehrmals momentan photographirt, z. B. das Derby-Rennen in England von Henderson. Er arbeitete mit einem Fallbrett und Kautschukband oder mit einem Kautschukbande ohne Ende, welches über zwei Rollen läuft und in welches zwei Schlitze geschnitten sind, die sich in entgegengesetzter Richtung passiren. Interessant war die Wahrnehmung Henderson's, dass bei einer Belichtungszeit = 1/10 Secunde die Menschen leidlich scharf erschienen, von den laufenden Pferden aber in Folge der grossen Schnelligkeit keine Spur zu sehen war. Erst bei einer Exposition von 1/400 Secunde waren sowohl die Pferde wie die Menschen ganz scharf. (11)

Auch fahrende Eisenbahnzüge wurden momentan photographirt. (12)


Hill und Saunders hatten in der Ausstellung der "Photographic Society of Great Britain" im Jahre 1881 die Bilder von zwei Athleten ausgestellt, von denen sich der eine mit den Beinen am Reck schwingt; dieser hatte den andern aber an den Händen gehalten und soeben losgelassen, so dass Letzterer bereits einen Raum von 24 Zoll durchfallen hatte. Das Bild war so scharf, dass man sicher ist, dass der Athlet höchstens einen Raum von 1 Centimeter während der Exposition durchfiel. Die Exposition war wahrscheinlich 1/270 Secunden. (13)

Als eine vortreffliche Momentaufnahme dieser Art ist das Bild des Malers Lugardon in Genf hier abgebildet (Fig. 8; Facsimile in Zinkotypie nach dem Original von Angerer und Göschl in Wien). Ein Mann schwingt sich mittelst eines Stockes über die Springschnur und lässt im Moment, wo er am höchsten Punkte angekommen ist, den Stock los; dadurch erscheint der Schwerpunkt in erstaunlicher Weise verrückt und unsere Figur zeigt die wunderliche Stellung des Mannes in diesem Augenblicke, wo er eher durch einen unglücklichen Fehltritt zu Boden zu stürzen, als regelrecht zu springen scheint. (14)

Sehr interessant und auch sonst von hübscher Wirkung sind die gleichfalls von Lugardon aufgenommenen badenden Knaben, welche im Lichtdruck als photographische Copie vom Original mit gütiger Erlaubniss Herrn Lugardon's als Titelbild beigegeben ist. Wir sehen den Knaben frei im Sprunge schwebend; die Wassertropfen spritzen zu seinen Füssen vom Sprungbrett empor, die Hände tauchen eben ins Wasser. Der Kopf des zweiten Knaben ist, trotzdem er im Schatten ist, genügend durchgezeichnet. Die kleinen Wellen erscheinen völlig scharf. Es würde ein rascher und sicherer Blick eines Malers dazu gehören, die Scene festzuhalten und das zierliche Spiel der kleinen Meereswellen so wiederzugeben, wie es hier im "Augenblick" von 1/300 Secunden geschah.

Nicht minder merkwürdig ist die Leistung amerikanischer Ingenieure, welche mit sechs photographischen Apparaten den Verlauf der Explosion eines mit Dynamit gesprengten Schiffswrakes [!] im Meere photographirten, wobei die hoch aufschäumende Wassersäule und die herumfliegenden Trümmer fixirt sind. (15)

Ein bemerkenswerthes Experiment führte der Amerikaner Henry L. Abbot im Juni 1881 vor. Es galt einen unbrauchbaren Maulesel zu vernichten, und man wollte diese Gelegenheit benützen, um die Empfindlichkeit der Gelatineplatten zu demonstriren. Hiezu wurde dem Thiere eine Dynamitpatrone vor den Kopf gebunden und ein photographischer Apparat gegen dasselbe gerichtet. Dieselbe elektrische Leitung brachte die Patrone zur Explosion und löste den Momentverschluss der Camera aus.

Fig. 9 zeigt das lebende Thier, Fig. 10 dasselbe unmittelbar nach der Explosion; es steht noch auf den Beinen, während der zerstückelte Kopf herumgeschleudert wird und sich der Schwanz krampfhaft krümmt. Die Figuren sind getreue Holzschnitte nach den Photographien. (16)


Um schnell Momentphotographien machen zu können, und um zu erkennen, ob die gewünschte Gegend und Person sich gerade im Gesichtsfeld des Apparates befindet, ist es ungemein praktisch, auf der Camera einen Sucher anzubringen, in dem man das vom Objectiv gezeichnete Bild überschauen kann.

Es ist dann möglich, in kürzester Zeit den Apparat zur Aufnahme in Stand zu setzen. Und gerade die interessantesten Bilder stossen dem wandernden Photographen meistens unerwartet auf.

Die Schnelligkeit der Exposition macht auch die Bewegung der photographischen Camera weniger schädlich. Bei gewöhnlichen Aufnahmen soll sie wohl ganz ruhig stehen, was unter allen Umständen sicherer ist. Momentbilder können unter günstigen Umständen aber auch von schwankenden Booten, vom Luftballon (17) und von fahrenden Eisenbahnzügen aus gemacht werden. Crowe in England erhielt viele gute Momentbilder von einem Boote oder dem Dache eines Omnibus aus. Er klemmte den kleinen Apparat an dem Geländer fest und richtete seine Camera, welche an einem Kugelgelenk beweglich war, auf den Gegenstand. (18)

Bei Aufnahmen von fahrenden Schiffen aus befestigt Hannynton die Camera auf einen beweglichen Doppelring, ähnlich wie dies beim Schiffscompass üblich ist, oder auf eine analoge Balancirvorrichtung. (19)

In der neuesten Zeit bedienen sich zahlreiche englische Amateure und Touristen dreirädriger Velocipèdes für photographische Excursionen ausser dem Hause; die Touren sollen dadurch unendlich erleichtert werden, und gegenwärtig werden zahlreiche diesbezügliche Specialitäten auf den englischen Markt gebracht.

Die Kürze der Belichtungszeit macht es möglich, dass man Personen und Vorgänge photographiren kann, ohne dass es Jemand bemerkt. Bei Schlafenden ist dies keine Kunst - und die Photographien Schlafender sind, nebenbei bemerkt, auch recht wenig schön (20) - wohl aber sind bei sich bewegenden Leuten, welche vom Photographen nichts wissen oder nichts wissen wollen, besondere Vorkehrungen nöthig. Zu diesem Zwecke hat Bolas eine kleine Camera mit einem Objectiv von sehr kurzer Brennweite als Kasten oder Kofferchen arrangirt, die sogenannte Detectiv-Camera (Fig. 11 zeigt die äussere Ansicht derselben). B ist das zum Photographiren, A das zum Einstellen bestimmte Objectiv; (21) E Öffnung, durch welche das Auge beim Einstellen blickt; C Kautschukballon für den pneumatischen Momentverschluss; D Kiemen zum Tragen des ganzen Kästchens. Vor dem zur Aufnahme dienenden Objectiv kann noch ein Spiegel oder Prisma angebracht werden, welches das Bild im rechten Winkel in den Apparat wirft. Dadurch wird die aufzunehmende Person über die Richtung getäuscht, nach welcher der Apparat wirkt.

Eine andere Form zeigt die amerikanische Detectiv-Camera in Fig. 12. Bei a befindet sich das Objectiv mit einem Momentverschluss; durch die Öffnung b wird ein Bild mittelst eines Spiegels nach c geworfen, wodurch man die richtige Lage des Bildes aufsuchen kann. Die empfindlichen Platten befinden sich in der Cassette d und die Rückwand der Camera kann nach Bedarf mittelst einer einfachen Hebelvorrichtung e verschoben werden, je nachdem der Gegenstand näher oder weiter entfernt ist. (22)

Fig. 13 zeigt eine von Anthony in New-York mittelst dieser Camera aufgenommene Photographie (Facsimile in Holzschnitt) in Originalgrösse.

Solche Detectiv-Cameras sollen amerikanische und englische Geheimpolizisten in Gebrauch haben. Ein officielles Pariser Bankinstitut soll eine versteckte Camera zum Photographiren von Personen benützen, welche sich beim Verkauf von Werthpapieren, Wechseln etc. verdächtig machen.


Eine mächtige Beihilfe ist die Momentphotographie für den Zoologen. Um wie viel instructiver ist eine Aufnahme eines lebenden Thieres gegenüber einem Bild nach einem ausgestopften Museums-Exemplar

Solche Sammlungen photographischer Thierbilder wurden schon in einigen Thiergärten begonnen. Fig. 14 zeigt das nach dem Leben aufgenommene Porträt des Löwen aus dem zoologischen Garten in London. Es ist das erste Bild einer von Dixon aufgenommenen Serie von Thierstudien. (23)

Boissonas in Genf nahm eine Reihe von Scenen einer Löwenbändigerin mit einem Löwen vortrefflich momentan auf. Manchmal kommt der Photograph hiebei schlecht weg. So wurde August Petit in Paris beim Photographiren einer Tigerin innerhalb ihres Käfigs ernstlich verwundet. Er liess aber nicht ab, sondern fertigte ausserdem noch die Bilder mehrerer Löwen und Leoparden an. (24)

Eine schöne Serie von Thierstudien verdanken wir den Engländern Marsh Brothers in Henley, von Thamer, Harsteed. Ihre Momentbilder von Schwänen und Tauben haben auf mehreren Ausstellungen, erste Preise errungen. Fig. 15 zeigt schwimmende Schwäne (Holzschnitt nach der Original-Photographie. (25)

Eine andere Thierstudie, welche wir hier reproduciren (Fig. 16), ist nicht nur vom naturwissenschaftlichen Standpunkte interessant, sondern bezeugt auch den Muth des Photographen. Ein Engländer bereiste die Umgebung von Bombay und machte mit seinem photographischen Apparat Landschafts-Aufnahmen. Bei Muygapier (nächst Kurrachee) kam er zu einem von prachtvollen tropischen Bäumen umgebenen Sumpf, welchen er zu photographiren beschloss. Der Dreifuss wurde aufgestellt und eben streckte er den Kopf unter das schwarze Tuch, als ein riesiges Krokodil aus dem Wasser tauchte und auf der Visirscheibe der Camera erschien, dem folgte ein zweites, drittes und mehrere andere. Ein Anderer wäre schleunigst davongelaufen. Unser Engländer aber beendigte gelassen das Einstellen und nahm das Porträt der Reptilien auf, wie sie sich in die Sonne legten. Die beistellende Figur ist nach einem Facsimile, welche der "Scientific American" im Jahre 1882 (26) nach der Originalphotographie brachte, hergestellt (Photozinkotypie).


Für die moderne Naturwissenschaft ist die Photographie bereits ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden. Dem Astronomen, der die Corona der Sonne oder Millionen von Meilen von der Erde entfernt liegende Sterne beobachtet, dem Zoologen oder Botaniker, welcher der exacten Wiedergabe mikroskopischer Objecte bedarf, dem Arzte, der den menschlichen Kehlkopf untersuchen oder die Pulsschläge des Herzens auf dem Papiere fixiren will, für Alle diese hat sich die Photographie als eine Erfindung von ausserordentlicher Wichtigkeit erwiesen. Seit neuerer Zeit hat sich die Physiologie mit grossem Eifer der Photographie bemächtigt und besonders seit der Einführung des Gelatineverfahrens den grössten Nutzen aus ihr gezogen. Denn dem Physiologen kommt es häufig darauf an, schnell sich bewegende Gegenstände oder Dinge in den einzelnen Bewegungsstadien zu erfassen.

Nun ist es aber klar, dass ein Photograph, welcher einen Vogel im Flug, ein laufendes Pferd oder einen springenden Menschen für wissenschaftliche Zwecke photographiren will, mit einem gewöhnlichen Laboratorium oder Atelier nicht ausreicht, da muss schon ein grosser freier Raum geschaffen werden, der allen Ansprüchen solcher Untersuchungen genügt.

Die ersten systematischen Photographien von Thieren in aufeinander folgenden Bewegungen machte der Amerikaner Muybridge. (27) Er folgte einer Anregung des Gouverneurs Leland Stanford und begann seine Versuche auf den Züchtereien zu Palo Alto in Californien im Jahre 1877 und 1878.

Muybridge liess ein Pferd auf einer Rennbahn traben, und zwar vor einer Reihe von zwölf bis dreissig nebeneinander befindlichen Cameras, welche automatisch arbeiteten. (Fig. 17.) Auf der mit Kautschuk gepflasterten Rennbahn waren Fäden gespannt, welche zum Momentverschluss der Camera führten. Der Verschluss wurde mittelst Elektricität in Function gesetzt, sobald das Pferd einen dieser Fäden bei seinem Lauf entzweiriss oder nur berührte. Dadurch wurde eine Camera nach der andern, sobald das Pferd vorbeikam, zur Aufnahme geöffnet und dreissig aufeinanderfolgende Photographien während des Laufes erhalten. Je nach der Schnelligkeit des Thieres folgten die Aufnahmen in Zwischenräumen von 1 bis 1/100 Secunde aufeinander.

Neben dieser Reihe der automatisch functionirenden Cameras befanden sich fünf andere - auf unserer Skizze sind nur drei sichtbar - welche während des Experiments an verschiedenen Stellen der Bahn aufgestellt waren. Dadurch erhielt Muybridge verschiedene Ansichten des in Bewegung befindlichen Pferdes.

Die Momentbilder wurden mit lichtstarken Porträtobjectiven und einem sehr rasch wirkenden Verschluss, der durch starke Federn getrieben wurde, gemacht. Muybridge schätzt die Exposition auf 1/10000 Secunde; jedoch erscheint dies übertrieben und dürfte kaum 1/1000 Secunde betragen.

Was immer für eine Zeit es gewesen sein mag, sicher ist, dass Muybridge scharfe Bilder eines galoppirenden Rennpferdes erhielt.

Das Pferd bewegte sich vor einer weissen, hellbeleuchteten Wand. Auf dieser hebt sich das Bild des Pferdes als dunkle Silhouette ab. Eigentlich ist es die helle Wand, welche das photographische Bild liefert. Fig. 18 zeigt die Augenblicksbilder des Rennpferdes "Sallie Gardner", welches sich 16 Meter pro Secunde bewegte und in Zwischenräumen von 1/25 Secunden aufeinanderfolgend aufgenommen wurden. Im Original (28) sind die Contouren aber nicht so scharf wie in unserem nach dem photographischen Original verkleinert ausgeführten Holzschnitte.

Die Besprechung der aus diesen Aufnahmen gemachten anatomischen Studien würden hier zu weit führen. Es sei auf die illustrirte ausführliche diesbezügliche Abhandlung im "Scientific American" (29) verwiesen.

Ausserdem rühren von Muybridge die Bilder trabender Pferde (3.3 Meter pro Secunde) her, ferner Bilder von Pferden, welche vor kleine Wagen gespannt sind und sich 1.6 bis 10 Meter pro Secunde bewegen. Hierauf folgten die Aufnahmen von Schweinen, Hunden, Kindern und Menschen, woraus Muybridge ein Album von 203 Seiten herstellte.

In Fig. 19 ist die Photographie eines galoppirenden wilden Stieres wiedergegeben; es lässt sich eine gewisse Analogie des Rhythmus der Bewegungen dieses Thieres mit jenen des Pferdes nicht verkennen. Dagegen tritt selbst bei flüchtiger Betrachtung die durch den anatomischen Bau bedingte Steifheit der Beine klar hervor, welche den Lauf der Rinder charakterisirt.

Ein anderes Bild aus Muybridge's Collection zeigt Fig. 20. Es stellt die verschiedenen Stellungen eines Windhundes im vollen Laufe dar (30), deren Original-Photographien bei dem Umstande, dass in England alljährlich grosse Windhund-Wettrennen (31) veranstaltet werden, für den Sportsman vieles Interesse bieten.

Später nahm Muybridge die Exercitien von amerikanischen Athleten in ähnlicher Weise auf. Von 10 Uhr eines sonnigen Sommertages bis 4 Uhr Nachmittags wurde in rascher Reihenfolge geboxt, gefochten, gerungen, gesprungen etc. und sämmtliche Bewegungen wurden momentan photographirt. Zuerst wurde ein Gymnastiker während eines Salto mortale photographirt. Er stand bewegungslos vor der Camera. Auf ein Zeichen, sprang er in die Luft, überschlug sich rückwärts und stand dann wieder in seinen eigenen Fussstapfen. So kurz auch die Zeit des Sprunges war, so wurden doch während derselben vierzehn Aufnahmen gemacht, die ihn in verschiedenen Stellungen zeigten.

Bei einem Salto mortale ist die Bewegung so schnell, dass das Auge derselben gar nicht folgen kann. Man sieht nur eine sich in der Luft herumdrehende Figur. Sehen wir uns jedoch die davon gemachten Aufnahmen an, so finden wir eine interessante Folge von Stellungen, welche wohl geeignet wären, unter den auf den Zetteln befindlichen gedruckten Abbildungen eine vollständige Revolution herbeizuführen.

Ein Hercules des "Olympischen Club" in San Francisco lieferte eine gute Muskelspielstudie für einen Bildhauer, indem er auf Armlänge über seinen Kopf ein Gewicht von 150 Pfund hielt. Von dem Augenblicke an, wo er das Gewicht zu seinen Füssen ergriff, bis dahin, dass er es bewegungslos über seinem Kopfe hielt, wurden vierzehn Aufnahmen gemacht, welche zeigten, was für Muskeln zur Wirkung gelangten und wie und wann sie arbeiteten.

Mr. Gerichton, Lehrer des Boxens, führte mit seinen ehemaligen Schülern einen Boxkampf aus und alle dabei vorkommenden, oft sehr schnellen Bewegungen, als Auslagen, Angriff, Parirungen, Finten, Contres, Kopfschläge und Kniebewegungen wurden sämmtlich durch die Camera fixirt, und die Bilder können Jenen, welche die Boxkunst erlernen wollen, als gute Vorlagen dienen.

Damals schon nahm Muybridge einen Springer auf, was Marey unter veränderten Umständen vier Jahre später wiederholte. Es wurden vierzehn Fäden mit gleichen Abständen quer vor dem Springer ausgespannt, welche er bei dem Sprunge sämmtlich nacheinander zerreissen musste. Jeder Faden stand mit der Camera so in Verbindung, dass er beim Zerreissen den Momentverschluss derselben öffnen musste.

Im Jahre 1883 unternahm Muybridge neuerdings Untersuchungen über die Bewegung des Menschen und der Thiere. Da jedoch die Kosten sehr gross sind, so eröffnete er auf "The Attitudes of Man, the Horse and other Animals in motion" eine Subscription (100 Dollar); sobald das Werk beendigt ist, soll es bei der "Scovill Manufacturing Comp. of New-York

erscheinen.

Das Muybridge'sche Werk ist ohne Zweifel für Maler, Bildhauer und Physiologen von Wichtigkeit.

Sehr instructive Momentbilder von Pferden in Bewegung veröffentlichte auch Anschütz aus Deutschland, (32) ferner Lugardon in Genf u. A. Allerdings liegen hier nur unzusammenhängende einzelne Aufnahmen vor, aber das Format ist grösser und die Bilder haben mehr Details.

Die grossen Erfolge, welche Muybridge hatte, regten auch andere Photographen zu ähnlichen Versuchen an. Barnardin New-York photographirte einen Violinspieler während seines Musikvortrages und machte ausserdem noch von mehr als hundert anderen Sängern, Schauspielern, Pianisten etc. Aufnahmen, die für die richtige Stellung, Fingerhaltung, Mundbewegungen etc. vortreffliche Studienbilder sind, da die aufgenommenen Persönlichkeiten hervorragende Künstler waren. (33)

Andersen gab 1883 ein Werk heraus, in welchem die verschiedenen nothwendigen Bewegungen des Reiters durch 28 Photographien nach der Natur illustrirt sind. (34) Das Unternehmen, verschiedene Fabriken in allen Stadien der Fabrikation zu photographiren, wäre gewiss lohnend.

Um Vögel oder andere sich rasch bewegende Thiere rasch und richtig mit dem photographischen Apparat erhaschen zu können, gab man dem letzteren die Form einer Pistole (Skaife 1860), eines Revolvers (Enjalbert 1882) oder einer Flinte (Marey 1882); man zielt damit auf den Gegenstand und ein Drücker öffnet einen Momentverschluss. (35)

Als Curiosum sei erwähnt, dass man eine Miniaturcamera in die Form eines Opernglases gebracht hat. In das eine Rohr des Opernglases Fig. 21 wird ein mattes Glas eingeschoben und damit eingestellt, während in das andere die empfindliche Platte kommt. So ist es möglich, den gewünschten Punkt zu finden und unauffällig und ohne die Leute durch eine scheinbare Schiesswaffe zu erschrecken, ein Augenblicksbild zu erzeugen. (36)

Am vollkommensten ist die photographische Flinte des französischen Akademikers Marey, welcher dieselbe speciell zum Studium der Flugbewegung der Vögel construirte. Als Vorbild diente ihm ein ähnlich ausgerüstetes Fernrohr, mit welchem der französische Astronom Janssen den Venusvorübergang rasch nacheinander photographirte.

Im Laufe der Marey'schen photographischen Flinte (Fig. 22) sitzt das Objectiv und in der drehbaren Trommel eine empfindliche Platte. (37) Ein Uhrwerk setzt im gegebenen Momente die Trommel so in Bewegung, dass sie sich einmal in der Secunde in zwölf Absätzen (kurzen Stillständen) herumdreht und nach jeder Zwölftel-Umdrehung einen Momentverschluss von 1/720 Secunde öffnet. (38)

Fig. 22 zeigt die äussere Ansicht und Handhabung der Flinte, Fig. 23 eine photographische Platte, auf welcher sich zwölf Momentbilder einer Möve im Fluge befinden. Da dieser Vogel in der Secunde genau drei Flügelschläge macht, so beobachtet man an den zwölf Bildern vier aufeinanderfolgende gleichartige Stellungen, die sich periodisch folgen. Die Flügel sind zuerst auf das Maximum erhoben, dann senken sie sich; im folgenden Bilde sind sie am tiefsten gesenkt und im vierten Bilde heben sie sich wieder. Diese Bilder lassen sich ziemlich gut vergrössern und Fig. 24 zeigt die Vergrösserung einer Aufnahme bei Beginn der Flügelsenkung. Fig. 25 zu Ende einer Flügelsenkung. (Holzschnittskizze nach dem Original.)

Die photographische Flinte wurde von Marey selbst später nicht mehr verwendet, weil die Kleinheit der Bilder störte und diese sich theilweise deckten. Seine neueren Apparate sind weiter unten beschrieben.

Als das Gelingen dieser Experimente bekannt wurde, regten sie (besonders in Frankreich, England und Amerika) zu weiteren ähnlichen Arbeiten auf anderen Gebieten an.

Viele französische Krankenhäuser besitzen nach einem Berichte von Albert Londe in der Zeitschrift "Nature" ihre photographische Abtheilung. Speciell in dem Pariser Hospital "la Salpêtrière" verwendet Prof. Charcot (39) mannigfach die Photographie. Am Tage seiner Aufnahme ins Hospital wird der Kranke photographirt und dann ferner bei allen Veränderungen seines Zustandes.

Bei hysterischen Contracturen ist dies von grossem Werthe.

Die verschiedenen Aufnahmen werden in einem Album gesammelt und geben ein treues Bild von dem Anfangszustande und der Veränderung der Krankheit. Momentaufnahmen sind dem Arzte auch in manchen Fällen sehr willkommen, so z. B. bei Hystero-Epilepsie und der eigentlichen Epilepsie u. s. w., denn Professor Charcot hat nachgewiesen, dass diese Bewegungen aus ganz unterscheidbaren Perioden sich zusammensetzen, die sich in charakteristischer Reihenfolge vorführen.

Um solche Reihen von Bewegungen abzubilden, werden an eine Camera in Kranzform neun Objective von gleicher Brennweite angeschraubt. Hinter denselben befindet sich eine Scheibe aus geschwärztem Aluminium mit einer rechteckigen Öffnung. Die Scheibe wird durch ein Uhrwerk in Drehung versetzt. Während sie stillsteht, schliesst sie den Apparat. Ein Elektromagnet löst die Scheibe aus, so dass die Öffnung an einem der Objective vorbeigeht und es dann wiederum schliesst.

Also der Apparat steht fortwährend gerüstet da. Fig. 25 zeigt die Aufstellung des elektrisch in Bewegung zu setzenden Apparates bei ärztlichen Beobachtungen. Der neben den Kranken stehende Arzt belichtet mittelst eines elektrischen Drückers (D).

Eine einfache Vorrichtung an der elektrischen Leitung erlaubt die neuen Aufnahmen rasch hintereinander zu machen.

Ein Uhrwerk (Metronom, C. Fig. 27) setzt den elektrischen Verschluss nach Bedarf in regelmässigen Intervallen in Thätigkeit, indem bei E zwei Spitzen in Folge der Pendelschwingungen abwechselnd in ein Schälchen mit Quecksilber tauchen: dadurch wird der Strom der Batterie B geschlossen. A ist die photographische Camera, bei welcher eine Nadel angebracht ist, welche anzeigt, welches Objectiv zuletzt in Thätigkeit war.

Um eine Idee von den Resultaten des Apparates zu geben, bringen wir in Fig. 28 eine Serie von Bildern, wo zwei Personen während der Thätigkeit des Apparates spazieren gingen.

Hier wären auch die Photographien eines Mädchens im normalen, dann im hypnotisirten Zustande zu erwähnen, welche im photographischen Verein zu Berlin 1884 gezeigt wurden. Im hypnotisirten Zustande convergiren die Augen noch, aber das rechte nach einem tieferen Punkte, der Unterkiefer ist zurückgesunken; im Ganzen der Ausdruck der Abspannung. Anders erscheint die Photographie des Mädchens im hypnotisirten Zustande, wie ihr die Hände wie zum Gebete gefaltet worden sind. Das Gesicht hat sich verklärt, die Lippen sind geschlossen, die Augen aufwärts gerichtet, die Pupillen verengert; im Ganzen der Ausdruck vollster Verklärung, der besonders zur Geltung kommt, wenn man die untere, etwas herbe Partie des Gesichtes verdeckt. Im komischen Gegensätze hiezu erscheinen die Photographien, welche Frösche in hypnotisirtem Zustande in diversen drolligen Stellungen vorführen. (40)


Ein nach wissenschaftlichen Principien erbautes physiologisches Atelier zum Studium von Bewegungsvorgängen, befindet sich seit Beginn des Jahres 1883 in der Avenue des Princes in Paris, dessen Leitung die französische Regierung, auf deren Kosten das Atelier errichtet worden ist, dem im Gebiete der Photographie durch die erwähnten Momentaufnahmen fliegender Vögel bekannt gewordenen Professor Marey übertragen hat.

In diesem Atelier sollen Aufnahmen in Bewegung befindlicher Thiere und Menschen gemacht werden, und zwar hat sich Marey zunächst folgende Aufgabe gestellt: (41)

  1. Die einzelnen Bewegungen, Stellungen u. a. w. zu bestimmen, welche der Mensch in verschiedenen Perioden des Laufens, Gehens und Springens annimmt.

  2. Die äusseren Umstände ausfindig zu machen, durch welche diese Bewegungen beeinflusst werden, die also den Schritt verlängern oder verkürzen oder den Lauf beschleunigen und dem entsprechend dem sich fortbewegenden Menschen günstig oder ungünstig sind.

  3. Den während den verschiedenen Bewegungsstadien geleisteten Kraftaufwand zu messen, um darnach die vorteilhafteste Weise zur Nutzbarmachung dieses Arbeitsaufwandes herauszufinden.

Fig. 29 macht die Einrichtung und das Äussere von Marey's physiologischem Atelier deutlich. Die kreisrunde und genau horizontal gelegte Laufbahn besteht aus zwei nebeneinander herlaufenden Wegen, von denen der innere, 4 Meter breit, für Pferde, der äussere für Menschen bestimmt ist. Um diese Bahn herum läuft eine Telegraphenleitung, deren Stangen 50 Meter weit von einander entfernt stehen und die jedesmal, so oft die auf der Bahn gehende Person eine solche Telegraphenstange passirt, in der Hauptstation ein Signal geben. Aus diesen Signalen lässt sich jederzeit die Schnelligkeit der laufenden Person berechnen. Das im Mittelpunkt der Bahn befindliche Gestell enthält eine Trommel, die ebenfalls durch einen Telegraphendraht in Bewegung gesetzt wird und der in der Bahn gehenden Person das Tempo der Schritte angibt.

Professor Marey kleidet die Personen, mit welchen er seine Versuche anstellt, weiss und lässt sie vor einem schwarzen Hintergrund vorübergehen; ferner verwendet er nur eine Camera und ein Objectiv (Gegensatz zu Muybridge), aber nimmt auf derselben Platte verschiedene Belichtungen vor, so dass sich nach dem Entwickeln der betreffende Gegenstand auf verschiedenen hintereinander liegenden Stellen der Platte zeigt.

Die Bauart und Einrichtung des Apparates geht aus Fig. 30 und Fig. 31 hervor. Fig. 30 ist der auf Schienen laufende Dunkelwagen, welcher näher an den Hintergrund heran oder weiter von demselben weggefahren werden kann, je nach der Beschaffenheit der in Anwendung kommenden Objective und der gewünschten Grösse der Aufnahme. (Die Distanz ist meistens 40 Meter.) Aussen am Dunkelzimmer sieht man die rothen Fensterscheiben, durch welche der Operateur die auf der Bahn laufenden Personen beobachtet, und ein Sprachrohr, durch welches er seine Befehle ertheilt. Durch die in der Figur weggelassene Vorderwand der Dunkelkammer hindurch sieht man eine grosse drehbare Scheibe, die nahe am Umfang eine kleine Öffnung (Spalte) hat. Hinter derselben befindet sich das Objectiv, in welches mit Unterbrechungen Licht eindringt, so oft der Spalt dasselbe passirt. Die Scheibe hat einen Durchmesser von 1.3 Meter und der Spalt misst genau den hundertsten Theil ihres Umfanges, so dass also, wenn die Scheibe sich zehnmal in der Secunde dreht, jede Belichtung nur 1/1000 Secunde dauert. In Bewegung gesetzt wird die Scheibe durch ein Räderwerk mit einem 150 Kilogramm schweren treibenden Gewicht.

Fig. 31 zeigt das Innere des Wagens. A ist die Camera, B die sich drehende Scheibe, D ein Verschluss für das Objectiv, welchen man zu Beginn des Experiments öffnet und nach Beendigung desselben schliesst, um nicht Licht länger als nothwendig ins Innere dringen zu lassen. E ist ein Fenster in der Vorderwand des Wagens, durch welches hindurch die Aufnahmen gemacht werden. In dem Wagen, in welchen nur rothes Licht eindringt, können die Platten sofort gewechselt und entwickelt werden.

Fig. 32 ist die Abbildung der vor dem schwarzen Hintergrunde sich hinbewegenden weissgekleideten Person. Die Bahn, auf welcher dieselbe geht, ist 20 Centimeter höher als die angrenzende Bodenfläche, und an der ganzen Abschrägung dieser Bahn läuft eine mit schwarzen und weissen Feldern versehene Scala, die zum Messen der Schnelligkeit des Laufes und der einzelnen Körperbewegungen dient. Jedes der schwarzen und weissen Felder ist 1 1/2 Meter lang. Die Belichtungen mit der Camera geschehen durch den in der sich drehenden Scheibe befindlichen Spalt. Dreht sich also die Scheibe mit immer gleichmässiger Schnelligkeit, so müssen auch die Belichtungen in regelmässigen Zwischenräumen stattfinden, z. B. zehn in jeder Secunde. Hat sich die aufzunehmende Person nun zwischen jeder der einzelnen Belichtungen 1/2 Meter vorwärts bewegt, so muss demnach die Geschwindigkeit ihres Laufes 5 Meter in der Secunde betragen haben.

Trotzdem wird die Schnelligkeit der Scheibendrehung durch folgende Vorrichtung controlirt: Auf dem dunklen Hintergrunde ist ein rundes Zifferblatt angebracht, in dessen Mitte sich ein beweglicher glänzender Zeiger befindet (Fig. 32). Das Zifferblatt ist aus schwarzem Sammt, in welchen weisse Nägel eingeschlagen sind. Zur Umdrehung um den ganzen Umfang des Zifferblattes gebraucht der Zeiger genau 1 Secunde. Nimmt nun die Aufnahme oder eine Reihe von Aufnahmen den Bruchtheil einer Secunde, z. B. 3/10 oder 4/10 Secunde in Anspruch, so hat dann auf dem fertigen Bilde der Zeiger 3/10, respective 4/10 des Kreisumfanges zurückgelegt.

Klarer wird dies aus Fig. 33. Hier zeigt die Aufnahme eine Person, welche über ein Sprungseil springt. Die erste Figur stellt den Mann in dem Augenblicke dar, als er vor dem Sprung den Anlauf nimmt. In der letzten Figur hat er den Sprung bereits ausgeführt und ist eben dabei, sich wieder in die Höhe zu richten. Man sieht auf diesem Bilde (einer heliographischen Copie der leider nicht ganz scharf gerathenen Originalphotographie) neun verschiedene Abbildungen des Mannes, so dass dem entsprechend neun Umdrehungen der Scheibe vor der Camera nöthig waren, wobei der Schlitz also neunmal vor dem Objectiv erschien und neun aufeinanderfolgende Aufnahmen gestattete. Die von dem Springer während dieser Operation zurückgelegte Distanz lässt sich leicht mit Hilfe der Scala zu Füssen derselben messen. Man bemerkt, dass die Distanzen nicht immer gleich lang sind: die grösste Geschwindigkeit zeigt sich kurz vor dem Sprung, nachdem der Anlauf genommen ist; eine Verminderung der Schnelligkeit ist in dem Augenblicke zu bemerken, als die Person sich zuerst in der Luft befindet, ein noch auffälligeres Nachlassen derselben von dem Momente an, wo der Mann wieder den Erdboden berührt hat.

Um nun zu erforschen, ob die Figuren in gleichmässigen Intervallen aufgenommen worden sind, und um die Zeitdauer dieser Intervalle zu berechnen, müssen wir das Zifferblatt oder, wie Marey es nennt: "den photographischen Chronographen" zu Rathe ziehen, wie ebenfalls Fig. 32 anzeigt. Die Sache ist sehr einfach. Der Zeiger ist so vielmal abgebildet, als Belichtungen stattfanden, nämlich neunmal, und um die Pause zwischen jeder Belichtung herauszufinden, braucht man nur den jedesmaligen Winkel des Zeigers zu berechnen.

Derartige Aufnahmen von laufenden Menschen oder Thieren gerathen am besten, wenn sich die betreffenden Aufnahmegegenstände schnell vorwärts bewegen. Von einem selbst noch mässig schnell laufenden Manne lassen sich in der Secunde neun bis zehn Aufnahmen machen, bei denen die Bilder ganz klar ausfallen und nicht übereinander greifen. S. Fig. 34.

Geht jedoch die Person langsam, wie in Fig. 35, so zeigen sich auf dem Bilde so zahlreich verschlungene Stellungen oder Gestalten, dass es schwer ist, sich einen deutlichen Eindruck von den einzelnen Figuren zu verschaffen. Diesem Übelstande hilft man durch sogenannte "partielle Aufnahmen" ab, d. h., indem man zum leichteren Verständniss des Ganzen gewisse Stellen des Bildes unterdrückt.

Da bei diesen Aufnahmen nur weisse Gegenstände auf die Platte kommen, braucht man einfach die Körpertheile, welche man im Bilde nicht haben will, schwarz zu kleiden. Solche partielle Aufnahmen sind für viele Zwecke höchst wichtig, weil dieselben solche Bilder liefern, auf denen man die Bewegung bis ins Kleinste verfolgen und beobachten kann.

Besonders für die Analyse schneller Bewegungen sind sie von Werth, weil sich auf derartigen Bildern die verschiedenen Bewegungsstadien in sehr kleinen Zwischenräumen und mithin in sehr mannigfaltiger Weise darstellen lassen. Man kleidet zu diesem Zwecke die betreffende Person ganz schwarz und befestigt an deren äussersten Arm- [Armflächen], Schenkel- [Schenkelflächen] und Beinflächen der Länge nach schmale glänzende Metallbänder, welche die Bewegung und Stellung der Gelenktheile noch genügend erkennen lassen.

Unter solchen Umständen lassen sich von demselben Gegenstand auf eine einzige Platte in der Secunde nicht nur zehn, sondern hundert verschiedene Aufnahmen bringen, ohne dass man die Schnelligkeit der Scheibendrehung zu steigern brauchte. Man muss dann nur statt des Schlitzes in der Scheibe deren zehn in genau gleich weiten Abständen anbringen.

Wie eingehend sich dann die mannigfaltigen Bewegungen und Stellungen der Extremitäten eines laufenden Menschen verfolgen lassen, zeigt Fig. 36:

Es ist das Negativ einer Aufnahme, bei welcher der rechte Fuss, die Arme mit glänzenden Bändern, der Kopf in der Nähe des Ohres mit einem glänzenden Knopfe versehen waren. Es fällt die correspondirende [Armbewegung] Arm- und Fussbewegung auf, während die oscillirenden Kopfbewegungen durch den obersten Punkt angedeutet sind.

Marey liess auch eine weisse Taube vor einem schwarzen Hintergrunde fliegen. Er erhielt vollständig durchgezeichnete Bilder, welche in Folge der Schnelligkeit des Fluges nicht übereinander fallen. Die Aufnahme einer derartigen Reihe von Bildern auf einer Platte bietet den Vortheil, dass man daraus nicht nur die Richtung des Fluges erkennen, sondern auch aus der Entfernung der einzelnen Bilder von einander, die ja in genau bestimmten Zeitintervallen gemacht sind, die Schnelligkeit des Fluges berechnen kann.

Auf einem derartigen, kurz nach dem Auffliegen der Taube gemachten Bilde, bei welchem die einzelnen Aufnahmen in Intervallen von je 1/8 Secunde erfolgten, erscheint uns die Richtung des Fluges als eine schräg aufsteigende gerade Linie und die Geschwindigkeit als eine beschleunigte, denn die einzelnen Bilder entfernen sich immer mehr von einander. Der während des ersten Intervalls zurückgelegte Weg beträgt circa 1.2 Meter, der während des fünften 1.7 Meter. (42)


Untersuchen wir den Eindruck, welche Momentbilder von sich rasch bewegenden Menschen und Thieren auf den Beschauer machen.

Die Muybridge'schen Aufnahmen der Pferde werfen alle bisherigen Theorien über den Kopf. So erhebt sich beispielsweise ein galoppirendes Pferd nicht zuerst mit den Vorder- [Vorderbeinen], sondern mit den Hinterbeinen vom Erdboden. Ebenso sind in einem Moment seine Beine alle nach allen Richtungen gegen den Erdboden gestemmt, wie wenn es störrig wäre, und gleich darauf schwebt es in der Luft und hat alle Beine unter den Bauch gezogen. Mit einem Worte, alle unsere Vorstellungen und Darstellungen von der Bewegung des Pferdes waren von Anfang bis zu Ende falsch. (43)

An allen diesen Bildern ist die Bein- [Beinstellung] und Armstellung, die doch ohne Zweifel richtige Wiedergaben der Natur sind, mehr oder weniger unnatürlich, ja erscheinen mitunter sogar als lächerliche Carricaturen. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, dass das Auge nicht im Stande ist, die Einzelnheiten einer etwas raschen Bewegung zu erfassen. Wird eine glühende Kohle mehr als achtmal in der Secunde im Kreise geschwungen, so erscheint sie als feuriger Kreis. In ähnlicher Weise verschwimmen alle Einzelnheiten eines sich bewegenden Körpers.

Die Momente, welche uns in solchen Fällen im Gedächtniss bleiben, sind meist solche von verhältnissmässiger Ruhe oder auch wohl Combinationen kurz aufeinander folgender Bewegungen, in welcher Weise sie auch meistens von den Malern dargestellt werden. Schnell fahrende Wagen malt der Maler mit verwischten Radspeichen; die Momentphotographie gibt die Speichen so scharf wie die eines stehenden Wagens.

Es ist Thatsache, dass Personen, welche momentan während des Lachens oder sonst einer Bewegung des Körpers oder der Muskeln photographirt wurden, das Bild als abscheuliche Carricatur zurückweisen. So wenig gelangen die Einzelheiten einer solchen Bewegung klar zu unserem Bewusstsein.

Vergleicht man die Muybridge'schen und andere Momentaufnahmen von Menschen und Thieren mit denen, wie sie bisher unsere besten Maler abzubilden pflegten, so bemerkt man, dass kaum eine einzige Stellung eines sich rasch bewegenden Objectes in den Photographien vorzufinden ist. Obschon nur die letzteren richtig sind, erscheinen uns diese Gemälde und Zeichnungen dennoch naturwahrer.

Fig. 37 und Fig. 38 zeigen springende und galoppirende Pferde, wie sie die Künstler bis jetzt zu zeichnen pflegten; sie sind unwahr.

Eine illustrirte amerikanische Zeitung ("The American Queen") brachte 1882 das Bild eines Jagdrennens mit Hindernissen (in Holzschnitt), worin ein Zeichner alle Stellungen der Thiere sklavisch treu nach Muybridge entwarf und componirte; er ist in Fig. 39 etwas verkleinert reproducirt.

Trotz aller künstlerischen Zuthaten, welche der Zeichner hinzufügte, tritt doch der eigenthümliche Fall ein, dass - wie H. W. Vogel treffend bemerkt (44) - ein Bild um so unnatürlicher und unmöglicher erscheinen kann, je naturwahrer es in Wirklichkeit ist.

Man würde aber über das Ziel hinausschiessen, wenn man alle Momentbilder als unbrauchbar zu Vorlagen für Maler und Zeichner erklären wollte. Alle Photographien langsamer Bewegungen, welche unser Auge in allen Einzelnheiten verfolgen kann, trachten thatsächlich die Maler naturtreu darzustellen. Hier wird jede photographische Beihilfe höchst erwünscht sein. Von raschen Bewegungen aber werden nur die Grenz- [Grenzpunkte] oder Culminationspunkte dem Auge wahrnehmbar sein, und sobald ein solcher erhascht ist, wird er die beste Vorlage für den Maler sein.

Möglich auch, dass das Auge des Malers und des Publicums dadurch besser geschult wird, und dass er in Zukunft manche gewagte Stellung einer Momentphotographie wiedergeben darf, welche man jetzt nicht goutiren will. Thatsache aber ist, dass schon jetzt viele Maler photographische Bilder zu ihren Skizzen benützen; namentlich in England sind kleine photographische Apparate, sog. Academy Camera's, (45) von Malern gerne benutzt.

Am besten kann man die ganze Lebendigkeit jeder Bewegung naturtreu wiederherstellen, wenn man die aufeinanderfolgend gemachten Momentbilder an eine stroboskopische Scheibe oder besser in ein Phänakistiskop oder einen "amerikanischen Wundercylinder" (auch "Zoetrop" genannt) bringt.

Wenn man das Innere des Wundercylinders (Fig. 40) mit den aufeinanderfolgenden Photographien eines springenden Mannes bedeckt und den Cylinder in rasche Drehung versetzt, so glaubt das durch einen der Spalten blickende Auge den Mann in Bewegung zu sehen. Die verschiedenen rasch aufeinanderfolgenden Lichteindrücke verschmelzen zu einer einzigen Lichtempfindung und der Eindruck ist ein völlig naturwahrer; gezeichnete Figuren vermögen nur einen schwachen Ersatz der photographischen Bilder zu geben.

Sehr vollkommen und nach dem Principe der Laterna magica combinirt mit dem "Wundercylinder", ist das Reynaud'sche "Praxinoskop" construirt. Es beruht auf dem Principe des Stroboskops, aber projicirt die bewegte Scene auf eine Wand, ähnlich wie ein Nebelbilderapparat. (46)

Reynaud's Apparat braucht nur eine gewöhnliche Lampe. In Fig. 41 ist der ganze Mechanismus so dargestellt, dass seine Anordnung ersichtlich ist. Es gibt zwei Projectionen, aber eine einzige Lampe genügt für beide.. Eine Linse projicirt eine Landschaft etc. und die andere (in unserer Figur die obere) die sich bewegenden Figuren. Richtet man beide Linsen auf einen Schirm und dreht die aufeinanderfolgend gemachten Momentbilder genügend rasch, so bewegen sich die Figuren und stellen eine bewegte Scene vor.

Sir Charles Wheatstone hatte schon im Jahre 1870 ein ähnliches Instrument construirt, jedoch fehlten die dazu erforderlichen correcten Bilder.

Mit einem solchen Apparat wurde auch die anfangs angezweifelte Correctheit der Muybridge'schen Aufnahmen constatirt. Mnybridge selbst producirte im März 1882 in der Royal Society in London seine Bilder mittelst eines ähnlichen Apparates, welcher durch elektrisches Licht beleuchtet war. Einer dieser Vorstellungen wohnte der Prinz von Wales bei. Besonders die Boxer führten nach allen Regeln der Kunst einen lustigen Boxkampf zum unendlichen Ergötzen der Versammlung auf.

Nicht minderes Erstaunen erregten die Bilder in Paris, wo sie im Salon des berühmten Malers Meissonier vor einem Publicum von Künstlern und Wissenschaftsmännern in ähnlicher Weise vorgeführt wurden. (47)

So sehen wir die Momentphotographie, deren Ausübung gegenwärtig für Nicht-Fachleute nicht mehr allzu schwer ist, bei richtiger Anwendung sich über das Niveau der blossen Liebhaberei erheben. Berücksichtigt man Alles, was sich bis jetzt schon damit leisten lässt, so wird wohl Niemand zweifeln, welche bedeutende Unterstützung dadurch Kunst und Wissenschaft erfahren wird. Und treffend ist die Äusserung des berühmten französischen Astronomen und Akademikers:

"Die photographische Platte wird bald die wahre Netzhaut des Gelehrten sein.

Anhang

Nachstehende interessante Studie über Thierphotographie ist Robinson's "Chapters on landscape and out-door photography" entnommen. (48) Sie ist ebenso treffend als mit warmer Liebe zum Gegenstande geschrieben:

"Als Sidney Smith, dem viele witzige Gespräche zugeschrieben werden, von dem bekannten englischen Thiermaler Landseer gebeten wurde, ihm zu einem Portrait zu sitzen, antwortete der Domherr von St.Paul: 'Ist denn Dein Diener ein Hund, dass er so etwas thun soll?' - Eine schöne Zumuthung, dass der grosse Thiermaler nicht im Stande sein sollte, das Gesicht eines Menschen zu treffen. Wird die Zeit nie kommen, wo die verschiedenen Zweige der Photographie ihre bestimmten Vertreter haben werden? Wird der Landschafter immer prahlen, dass er auch Personenphotograph ist, wie einige Landschaftsmaler es als eine ganz aussergewöhnliche Leistung ansehen, dass sie auch menschliche Gestalten zeichnen können? Wird der Porträtphotograph immer so entzückt sein über diesen Theil der Kunst, dass er niemals Zeit findet, etwas in Architektur oder Landschaft zu arbeiten? Wenn je ein Jünger unserer Kunst sich berufen fühlt, einen bestimmten Zweig zu wählen, so wird er Thierphotograph werden. Gerade wie Mark Twain sagt: "Es ist mehr an einem blauen Heher als an irgend einem anderen Vogel daran", ebenso ist vom photographischen Gesichtspunkte mehr an den Thieren als an all' den übrigen Theilen der Schöpfung.

"Wenn man die besten Resultate erhalten will, so muss man mit den «Modellen» ein ebenso genaues Studium eingehen, als es je mit dem erhabensten Thiere, dem Menschen, nothwendig ist. Man darf nicht erwarten, von einem schottischen Terrier den günstigsten Ausdruck bei der ersten Begegnung oder das liebenswürdige «Spinnen» (Schnurren) einer Katze bei einer nur flüchtigen Bekanntschaft zu erhalten.

"Joshua Reynald fand, um die besten und charakteristischesten Porträts seiner Modelle zu erhalten, es sehr vortheilhaft, mit denselben zu speisen und einen ganzen Abend zu verbringen; wir können deshalb nicht erwarten, dass wir von den sogenannten unvernünftigen Geschöpfen die besten Bilder erhalten, wenn wir als gänzlich Fremde mit der Camera in der Hand vor dieselben hintreten.

"Es gibt wenig Thiere, die nicht photographirt werden könnten, wie die Herren York und Dixon in ihren wunderbaren Thierbildern aus dem zoologischen Garten zeigten; aber ich will nicht von den «wilden Thieren» sprechen. Es sind die Hausthiere, worauf ich die Aufmerksamkeit derer lenken will, zu welchen ich schreibe. Um Thiere zu photographiren, wird unendliche Geduld und Sorgfalt gefordert. Es ist zum Beispiel schwer, dass man sich einer Katze mit der Absicht, sie zu photographiren, nähern kann, und eine reine Unmöglichkeit ist es, dieselbe im Atelier oder an irgend einen andern fremden Platz zu bringen, um dort ein Bild von ihr zu bekommen. Von allen Hausthieren braucht die Katze am nothwendigsten ein «Heimatsportrait». Der Hund ist verschieden von der Katze. Er kümmert sich nicht, wo sein Bild aufgenommen wird, deshalb ist es in sehr kurzer Zeit und mit wenig Mühe geschehen. Die grossen Hunde, ohne Ausnahme, nehmen es in einer nachlässigen, beschaulichen Art auf, während die kleinen Hunde - jedenfalls die schwierigsten - Alles, was um sie vorgeht, wissen wollen und deshalb schwer im Focus erhalten werden können.

"Es ist schwer, einige Winke zu geben, wie man die Thiere «vor dem Apparate» behandeln soll; aber dies kann als eine Regel angesehen werden, dass heftiger Lärm, wie man ihn anzuwenden pflegt, um die Aufmerksamkeit der Hunde zu erregen, den entgegengesetzten Effect erzielen wird. Bei einem ganz leisen mit dem Munde gemachten Geräusch, Krabbeln auf einem Papier oder einem leichten Reiben, dessen Ursprung unsichtbar, wird der Hund meistens aufschauen, obwohl es beinahe zu viel ist, wenn man sagt, dass der Ausdruck durch diese oder andere einfache Mittel controlirt werden kann, während Jedermann weiss, welchen aufregenden Einfluss das Wort «rats» (d. h. Ratten, im Deutschen «Ratz») auf jede Art der Terriers hat. Aber dies soll immer als letztes Hilfsmittel angewendet werden, da auch der folgsamste und besterzogene Terrier (Rattler) nicht mehr lange ruhig sitzen kann, wenn er das Wort «rats» auch im sanftesten Tone lispeln hört.

Ein schnaufender Hund ist immer die Qual eines Photographen. Diese Schwierigkeit wird manchmal durch einen Trunk behoben; aber das Wasser soll ihm erst unmittelbar vor der Exposition gegeben werden, da die Wirkung desselben bald vorüber ist. Es kann auch theilweise verhindert werden, wenn man den Hund einige Zeit vor der Aufnahme nicht herumlaufen lässt.

Heutzutage können wir viel charakteristischere Bilder von Hunden erhalten, da wir Momentbilder von ihnen machen können.

"Das Pferd ist das am häufigsten aufgenommene von allen Thieren. Jeder Pferdebesitzer denkt, er hat das beste Pferd, das je existirte, und wünscht dessen Bild. Glücklicher Weise ist das Pferd ein guter «Sitzer». Der Photograph hat nichts zu thun, als zu schauen, ob die Stellung graciös und der Blick freudig ist. Ein Pferd kann nicht lächeln, aber es kann viel durch die Stellung der Ohren und des Kopfes zum Ausdrucke beitragen. Das Einzige, worauf man, wenn möglich, schauen muss, ist, dass man die vier Füsse sieht. Es passirt oft, dass die zwei näheren Füsse die entfernteren decken und es den Anschein hat, als stünde das Pferd auf zwei Pflöcken. Ein Pferd, das auf diese Art steht, ist ausserordentlich hässlich, aber auch in der Art, wie die Pferde stehen, gibt es eine Mode, und ich verweigerte unlängst, eine Dame zu Pferde zu photographiren, weil ihr Reitknecht darauf bestand, dass das Pferd mit den Beinen parallel stand und dieselben auf beiden Seiten gleichmässig wegstreckte.

"Pferde halten leicht ruhig. Sie spitzen ihre Ohren und horchen auf ein Geräusch - entweder das Rascheln einer Zeitung oder einen Pfiff - während der ganzen Dauer der Exposition. Es gibt wohl unruhige Pferde, die durch nichts zum Stillstehen zu bringen sind, aber glücklicher Weise wenige. Viele werden den Zaum ununterbrochen kauen, aber dies kann manchmal durch das Lockern desselben verhindert werden. Wirkliche Plage verursacht bei heissem Wetter das fortwährende Wedeln mit dem Schweife, wenn die Fliegen sie quälen. Das einzige Mittel, dies zu verhindern, ist: man nimmt die Pferde an einem kühlen, umwölkten Tage auf. Wenn man das Bild eines Pferdes braucht, ist es viel besser, es ohne Sonne zu machen, da das grelle Licht und Schatten des Sonnenscheins im Stande ist, die Ähnlichkeit zu verderben.

"Das Rindvieh war immer ein Liebling des Malers. Die Namen von Cuyp, Paul Potter, Ward und Cooper riefen in vergangenen oder vergehenden Generationen stets Begeisterung wach, während die moderne Schule, welche so verschieden von ihren Vorfahren ist, dass sie mit Recht eine neue genannt werden kann, ebenfalls ihre beständigen Bewunderer hat. Aber von was immer für einer Schule sie gemalt wurden, Gemälde, welche Schafe oder Rind darstellen, werden bei den «Landleben» liebenden Engländern immer Gefallen finden. Ich weiss wohl nicht, ob die Photographen dem Publicum schon etwas Schönes in Thierstücken boten. Wenn etwas gemacht wurde, so erschien es nie in unseren Ausstellungen. In dieser Hinsicht zeigte uns Berkeley in einem wahren Juwel, den er «Mittag» nannte, eine ausgezeichnete Gruppe von Vieh in einem Strome; Gale brachte Ackerpferde malerisch zur Geltung, und manchmal findet man einige Schafe in den Landschaften; aber der grosse Thierphotograph ist noch nicht erstanden.

"Man könnte vortreffliche Dinge erhalten: sie erfordern Geduld, Geschicklichkeit und Gelegenheit. Der Photograph, welcher Erfolg haben will, muss die Gelegenheit suchen und die zwei anderen Eigenschaften besitzen, sonst wird er nicht viel Vortheil haben. Ein 14tägiger Aufenthalt in einem Farmhaus würde unseren Jüngern viele schöne Objecte zur Aufnahme geben. Die Melkzeit ist immer eine gute Gelegenheit; Fütterung ist ein Thema, das dem Künstler immer Nahrung bringt. Thiere während der Fütterung, wie Rinder, Schweine, Schafe, Küchlein, Tauben, Enten und Gänse: da ist kein Ende von Gelegenheiten, die dieses Genre bietet.

"Indem man die hier erwähnten Thierbilder macht, soll man nicht vergessen, dass das Object nicht das Porträt eines schwer zu photographirenden Gegenstandes sein soll, sondern dass ein künstlerisches Bild gemacht werden soll. Es gibt Menschen, welche glauben, wenn sie ein Thier zum Stillstehen bringen, Alles gethan zu haben, was man von ihnen fordert; aber dies ist mir ein sehr geringer Theil, da ist noch Composition, Licht und Schatten und Alles, was zu einem Bilde nöthig ist, in Betracht zu ziehen.

"Eine Gruppe von Schafen auf einer flachen Wiese, gleichmässig von der Vorderseite beleuchtet, würde als Bild werthlos sein, während dieselben Schafe von der entgegengesetzten Seite betrachtet, wo das Licht nur deren Rücken streift, vielleicht sehr malerisch wäre. Schafe sind leicht zu behandeln und für ein Landschaftsbild sehr vortheilhaft. Wenn die Heerde in einer Reihe liegt oder in einer anderen unschönen Stellung, macht man ein paar Schritte vorwärts, wodurch einige von ihnen aufstehen und herumschauen und dadurch der Photograph den Effect erhält, den er benöthigt. Wenn sie aufschrecken und davonlaufen wollen, wird ein kluger Assistent, der ruhig um dieselben herumgeht, sie wieder zum Stehen bringen, während das Nachahmen des Hundegebells oder ein Pfiff schnell Ausdruck und Bewegung in die Heerde bringt, ohne sie aufzuschrecken. Kühe im Freien sind meistens schwerer zu behandeln. Sie müssen gefesselt werden. Aber ob schwer oder leicht aufzunehmen, man soll nicht exponiren, wenn der Effect nicht gut ist - die Welt ist ohnehin schon mit mittelmässigen Photographien überfluthet.

(0) Die Geschichte des Bromsilber-Gelatine-Verfahrens und dessen gegenwärtigen Stand s. in Eder's "Theorie und Praxis der Photographie mit Bromsilber-Gelatine", 1883.

(1) Es ist vorgekommen, dass bei langen Sitzungen Leute ohnmächtig geworden sind. Sehr häufig tritt eine Erschlaffung ein, das Kinn fällt herunter, der Mund öffnet sich; der hiergegen geführte Kampf erzeugt dann eine sehr unangenehme Unruhe im Gesichte. Es ist dies eine Folge des Anstarrens eines festen Punktes, wodurch stets mehr oder minder starke hypnotische Zustände herbeigeführt werden. Nervösen Personen werden dabei die Augen sehr leicht feucht, sie fangen an zu blinzeln, der Augapfel tritt vor und der Blick wird starrer (Photograph. Wochenbl. 1884, S. 50).

(2) Andere Verschlüsse und genauere Beschreibung des hier gegebenen s. Eder's "Ausführliches Handbuch der Photographie", 1884, 4. Heft, S. 325.

(3) Tabelle von Jackson, Bibliothekar der geographischen Gesellschaft zu Paris. "Phot. Wochenblatt", 1883, S, 376, aus "British Journal of Photography", 1883, S. 673.

(4) Näheres über Momentverschlüsse s. Eder's "Ausführliches Handbuch der Photographie", 1884, 4. Heft, S. 329.

(5) Steinheil's Gruppen-Antiplanet für Visitbilder kostet 60-80 Mark; für Cabinetbilder (11x16 Centimeter Bildgrösse, 24 Centimeter Brennweite, 43 Millimeter Öffnung) 105 Mark; für grösseres Bildformat (17x22 Centimter) 210 Mark. - Vergl. über diese und andere Objective Eder's "Handbuch der Photographie", 1884, 3. Heft, S. 239.

(6) Solche Apparate werden von verschiedenen Fabrikanten mit gewissen Abänderungen erzeugt. Preis 100 bis 150 Gulden, inclusive mehrerer Cassetten und Dreifuss.

(7) Der Holzschnitt ist so wie Fig. 2 und Fig. 17 Prof. Dr. H. W. Vogel's Artikel "Über die nettesten Errungenschaften im Gebiete der Photographie" (Vom Fels zum Meere, 1882, 8. 193) entnommen.

(8) Nach einer Skizze in "Photographic News", 1884, S. 12.

(9) Diese Figur, sowie Fig. 16 sind einem Artikel Baden-Pritchard's in dem "Magazine of Art" entnommen. Auch übergegangen in Baden-Pritchard's "About Photography and Photographers", 1883, S. 10.

(10) H. W. Vogel's Briefe aus Amerika, "Photographische Mittheilnngen", 1883, Bd. 20, S. 173.

(11) Die Pferde waren 100 Fuss von der photographischen Camera entfernt. Die nähere Beschreibung aller Einzelheiten s. "British Journal of Photography", 1883,8.309; auch "Photographisches Wochenblatt", 1882, S. 197.

(12) Z. B. von Scolik in Wien (bei der Station Hütteldorf); Marsh Brothers hatten den Schnellzug, "Flying Dutcbman" genannt, während der Fahrt scharf aufgenommen. (Ausgestellt in Wien 1881.)

(13) "British Journal of Photography", 1882, S. 120; "Photographisches Wochenblatt", 1882, S. 86.

(14) Als Objectiv diente ein Antiplanet; als Verschluss war der von Thury und Amey in Genf (chemin des Sources, Plainpalais 12). Derselbe wird zwischen den beiden Linsen des Objectivs befestigt, an der Stelle, wo sonst die Blende eingeschoben wird. Preis 76-115 Franken.

(15) "Scientific American", 1882, S. 274.

(16) Aus "Scientifie American", 1881, S. 194. Für vorliegende Arbeit durch Angerer und Göschl photozinkotypirt.

(177 Aufnahmen vom Luftballon, resp. von einem Ballon captif wurden schon vor einigen Jahren gemacht. Originell ist ein Patent der Capitäne Elsdale und Templar 1883, nach welchem man ganz kleine angebundene Ballons mit photographischen Apparaten aufsteigen lässt, welche mittelst elektrischer Drähte vom Erdboden aus gehandhabt werden. Es soll diese Erfindung hauptsächlich zum Recognosciren im Kriegsfall dienen ("Yearbook of Photography for 1884", S. 139).

(18) "British Journal of Photography", 1883, S. 448; "British Journal Photographic Almanac for 1884", S. 121 (mit Figur).

(19) "Year-Book of Photography for 1884", S. 97 (mit Figur).

(20) Mit seltenen Ausnahmen gewähren die Photographien Schlafender keinen angenehmen Anblick. Ganz kleine Kinder sehen, so aufgenommen, zwar zuweilen ganz gut aus. Erwachsene aber fast nie. Frauen haben dabei zumeist den Ausdruck tiefer Reue, Männer die Züge langen und schweren Leidens. Sollte die "schlafende Schönheit" ganz ins Gebiet des Romanes verwiesen werden? (Photographic News, 1883. S. 728; Photograph. Wochenbl. 1884, S. 36.)

(21) Die Einstellung wird wegen der Kürze der Zeit nicht wie gewöhnlich mit der mattgeschliffenen Visirscheibe vorgenommen, weil während des Vertauschens der letzteren mit der die empfindliche Platte enthaltenden Cassette die ganze Situation sich verändert. Deshalb ist eine zweite Linse als eine Art Sucher zum Einstellen verwendet. Ausführlicheres s. Eder's "Handbuch der Photographie", 1884, Bd. 1, S. 362.

(22) Schmid's Patent-Detectiv-Camera, Bei Anthony in New-York (Broadway, N. Y. 591).

(23) Nach einer Photographie in "Photographie News", 1883, S. 266, von Angerer und Gösch, in Wien photozinkotypirt. Ein Holzschnitt davon findet sieh in "Scientific American Supplement", 1883, S. 6103.

(24) "Photographic News", 1883, S. 777.

(25) Eine wirkliche Photographie der Schwäne ist Eder's "Handbuch der Photographie" beigegeben.

(26) "Scientific American Supplement", 1882, Nr. 362 S. 5813.

(27) "Photograph. Mittheilungen", 1879, Bd. 16, S. 82, 136 und 257. "Photographic News", 1883, S. 243.

(28) Die Originale waren für Deutschland debitirt von E S Mittler, k. Hofbuchhandlung, Berlin, SW., Kochstr. 69. Eine Serie von 12 Blättern der Muybridge'schen "Attitüdes of animals in motion" in Pbotolithographie ist durch Atkinson (Liverpool, Manchesterstreet 33) um vier Schilling käuflich.

(29) "Scientific American Supplement" 1879, Nr. 158, S. 2509.

(30) Holzschnitt nach den Photographien aus "Scientific American Supplement", 1882, S. 5329.

(31) Die Summe der Preise bei diesem Wettlauf betrug im Jahre 1884 16.000 Gulden in Gold.

(32) Ausser Anschütz' Pferdeaufnahmen sind auch noch dessen belebte Scenen von militärischen Manövern etc. hervorzuheben. Vgl. "Photographische Mittheilungen", 1884 und "Photographisches Wochenblatt", 1884.

(33) "Photographisches Archiv", 1883, S. 70.

(34) "British Journal of Phothographie" [!], 1883, S. 722; Photograph. Wochenbl., 1884, S. 43.

(35) Genauere Beschreibung s. Eder's "Ausführliches Handbuch der Photographie", 4. Heft.

(36) Patent Loiseau und Germeuil-Bonnaud, "Photographische Correspondenz", 1883, Bd. 20, S. 13.

(37) S. Eder's Ausführliches Handbuch der Photographie, 1. Band, Seite 319. Auch "Bulletin de l' Association Belge de Photographie", 1882.

(38) Dadurch wurden auf einer Platte zwölf kleine Momentbildchen in regelmässiger Aufeinanderfolge erhalten.

(39) "Photographic News", 1883, S. 561. Auch "Photographisches Archiv", 1884, S. 21.

(40) "Photograph. Wochenblatt", 1884, S. 60.

(41) "La Nature", 1883. "Bulletin de l' Association Belge de Photographie", 1883. "Photographisches Archiv", 1884.

(42) "Photographische Mittheilungen", Bd. 20, S. 163. "Comptes rendus", Mai 1883.

(43) Vergleiche "Photographisches Wochenblatt", 1881, S. 220, aus "British Journal of Photography", 1881, S. 336.

(44) "Photographische Mittheilungen", Bd. 19, S. 180.

(45) Solche Apparate führt Liesegang in Düsseldorf, Marion in London u. A.

(46) "Photographic News", 1882, S. 675, aus "La Nature".

(47) "Photographische Mittheilungen", Bd. 19, S. 36 und Bd. 20, S. 265.

(48) "Photographic News", 1884, S. 139


Fig. 1: [fehlt]

Fig. 2: Kindes-Aufnahme im Atelier

Fig. 2: Moment-Verschluss.

Fig. 3: Reise-Camera.

Fig. 4: Momentphotographie einer Strasse.

Fig. 5+6: Landschaftsphotographie. (2x)

Fig. 7: Kauffahrer auf der Themse

Fig. 8: Momentaufnahme eines Stockspringers.

Fig. 9: Maulesel vor der Explosion.

Fig. 10: Maulesel nach der Explosion.

Fig. 11: Bolas' Detectiv-Camera.

Fig. 12: Amerikanische Detectiv-Camera.

Fig. 13: Aufnahme mittelst der Detectiv-Camera.

Fig. 14: Photographie eines Löwen.

Fig. 15: Momentaufnahmen von Schwänen.

Fig. 16: Photographie eines tropischen Sumpfes mit Krokodilen.

Fig. 17: Rennbahn mit Vorrichtung zum Photographiren des Pferdes.

Fig. 18: Photographie eines Pferdes im Galopp

Fig. 19: Photographie eines rennenden Stieres

Fig. 20: Photographie eines laufenden Windhundes

Fig. 21: Photographische Camera in Form eines Opernglases.

Fig. 22: Marey's photographische Flinte.

Fig. 23: Aufnahme mittelst der photographischen Flinte

Fig. 24+25: Vergrösserte Momentphotographie eines fliegenden Vogels.

Fig. 26: Photographie im Hospital

Fig. 27: Metronom und elektrische Batterie zum Auslösen des Momentapparates.

Fig. 28: Serie von aufeinanderfolgenden Momentbildern.

Fig. 29: Laufbahn zur Aufnahme photographischer Momentbilder.

Fig. 30+31: Marey's Dunkelwagen zur Momentphotographie.

Fig. 32: Vorkehrung zur Momentaufnahme eines laufenden Mannes.

Fig. 33: Mann, über ein Seil springend.

Fig. 34: Momentphotographie eines laufenden Mannes.

Fig. 35: Momentphotographie eines gehenden Mannes.

Fig. 36: Partielle Momentphotographie eines laufenden Mannes mit glänzenden Bändern.

Fig. 37+38: Gebräuchliche Manier, Pferde zu zeichnen.

Fig. 39: Zeichnung eines Wettrennens. nach Momentphotographien componiert.

Fig. 40: Amerikanischer Wundercylinder.

Fig. 41: Reynaud's Praxinoskop

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