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Afrika Post, 09.08.1906, Nr. 15, Seite 236-237

[Hamburg. Der Juli war diesmal recht heiss, und der August tut es ...]

Hamburg. Der Juli war diesmal recht heiss, und der August tut es ihm bisher gleich; zwar laufen natürlich dann und wann Gewitter und mitunter, aber im ganzen ist es so trocken, wie wir's in Hamburg lange nicht kennen. So ist es denn in letzten fünf Wochen die Redensart, dass Afrika nach Hamburg verlegt worden sei, hier bei schwitzenden und durstigen Menschen sozusagen ständig geworden. - Der Fremdenverkehr in und durch Hamburg, besonders nach den Nordseebädern ist gross. Schon nähern sich die Schulferien ihrem Ende, und da kehrt eine Menge Familien mit den Kindern wieder zurück. Sonst ist's aber im ganzen still; nur etwas Sport und die kleinen Sommertheater - im übrigen Ferienruhe und Ferienreisen. Letztere brachten Ende Juli u.a. gegen 300 Lehrer aus deutschen Gauen nach Hamburg; sie waren einer Aufforderung des deutschen Flottenvereins gefolgt, um Hamburg, den Mittelpunkt des deutschen Welthandels, und dann den Kriegshafen Kiel zu besichtigen.

In Hamburg wurden die Teilnehmer dieser sogenannten Lehrer-Flottenfahrt gastlich auf D. "Lucie Woermann" und auf dem D. "Prinzregent" der Deutschen Ost-Afrika-Linie aufgenommen mit Speise und Trank und Nachtlager. Bevor die Herren sich zur Ruhe begaben, fand am Petersenkai eine Vorführung lebender Photographien statt. Es ist an dieser Stelle schon mehrmals der lehrreichen kinematographischen Aufnahmen des Herrn Carl Müller aus Altenburg mit Anerkennung gedacht worden. Herr Carl Müller hat nun abermals eine Reise nach Afrika gemacht und ist mit einem wirklichen Schatze von lebensvollen Bildern heimgekehrt. Von diesen führte er den Flottenfahrern ein Fülle anregender Aufnahmen vor, wie er das in dankenswerter Weise vielfach in Kolonialvereinen vor Schülern und grossem Publikum tut, wobei er zu den anschaulichen, lebendigen Bildern ein schlichte, aber unterrichtende und unterhaltende Erläuterung gibt. Es ist sicher, dass sich Herr Carl Müller mit diesen Vorführungen ein Verdienst erwirbt und den Dank aller Kolonialfreunde verdient; denn auf dieser Weise werden Kenntnisse verbreitet, Anregungen gegeben und Teilnahme erweckt, wie es sich die Kolonialfreunde nur wünschen können. Da wurden u.a. Schutztruppen für Südwest gezeigt, wie sie am Petersenquai in Hamburg auf einem Woermann-Dampfer eingeschifft wurden, dann folgte eine Menge von Bildern, die das Leben und Treiben in unseren westafrikanischen Schutzgebieten veranschaulichten. Swakopmund mit der Landungsbrücke, das Ausschiffen der Ladung an der Brücke, das Panorama der Stadt, alles zog in farbigen Bildern vorbei. Besondere Aufmerksamkeit erregte die Einschiffung und Ausschiffung der gefangenen Herero. Andere Bilder zeigten Kamerun mit seinem Leben und Treiben an den Kais und in den Lagerhäusern der Firma C. Woermann, den Markt in Duala, den Tanz der Eingeborenen und ihr Baden im Kamerunfluss. Interessant waren auch die folgenden Bilder, die die Kolonie Togo behandelten. Auch hier gewährte das Leben und Treiben am Kai und ein abfahrender Eisenbahnzug einen hübschen Anblick. Dann zeigten weitere Bilder das Bepflanzen der Plantagen mit Baumwollpflanzen, die Ernte der Baumwolle und die zum Versand fertigen Baumwollenballen. Schwarze waren an anderer Stelle beim Bau von Häusern und als Handwerker beschäftigt. Auch die Missionsschüler wurden in der Schule und bei ihren Spielen vorgeführt. Auf anderen Aufnahmen sah man militärisches Turnen, wobei sich ganz vorzügliche Leistungen darboten. Auch der dortige botanische Garten mit seinen von den Negern bearbeiteten Anpflanzungen bot ein hübsches Bild; ebenso die Ernte und die Verarbeitung der Kokosnüsse. Eine fesselnde Darstellung war eine im Freien abgehaltene Gerichtssitzung. In temperamentvoller Weise sah man die Schwarzen ihre Angelegenheiten verteidigen. Anhaltender Beifall wurde Herrn Müller auch diesmal zuteil wie bei seinen früheren lehrreichen Vorführungen. Im übrigen hat Herr Carl Müller-Altenburg nach seinen zahlreichen afrikanischen Aufnahmen auch vortreffliche Ansichtspostkarten angefertigt, die einerseits die Tüchtigkeit dieses reisenden Liebhaber-Photographen bestätigen, andererseits ebenso wie seine kinematographischen Darstellungen anregen, unterhalten, belehren und werben dürften.

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