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#2853

Photographische Bibliotek, 1918, Bd. 13. 1911 (hier: 2. Aufl. 1918), S.102-121

[Photographische Bibliotek. Bd.13. 1911 (hier: 2. Aufl. 1918), ...]

Photographische Bibliotek. Bd.13. 1911 (hier: 2. Aufl. 1918), S.102-121

Schmidt, H.: Anleitung zur Projektion. II. Teil.

Die Projektion lebender Bilder.

Neuerdings findet der Projektionsapparat vielfache Anwendung zur Vorführung sogenannter lebender Bilder. Der hierzu benutzte Apparat unterscheidet sich theoretisch nicht von der einfachen Projektionslaterne, doch können ohne die nötigen mechanischen Vorrichtungen Projektionen solcher Bilder mit einem gewöhnlichen Apparate nicht vorgenommen werden. Man unterscheidet: Kinematograph, Kinetograph, Biograph, Motorgraph etc., alles nur Namen, welche für den Markt geschaffen sind, etwas Neues an der Sache selbst aber nicht bedeuten. Das Prinzip bei allen ist, dass eine Anzahl von auf einem langen Filmstreifen untereinander befindlichen Bildern, welche in kurzen Zwischenräumen (Bruchteilen von Sekunden) von dem betreffenden Gegenstande gefertigt wurden, nacheinander vor die Öffnung des Projektionsapparates geführt, und dort projiziert werden. Indem das nächste Bild das vorhergehende stets in kürzester Reihenfolge ersetzt, und durch rasches Öffnen und Schliessen des Projektionsobjektives sich ein Bild an das andere unmittelbar anschliesst, fliessen die einzelnen Bilder ineinander, und man erhält den überraschenden Eindruck der Bewegung. Ohne kinematographische Aufnahmen giebt es auch keine kinematographische Projektion, und da erstere nur mit besonderen Apparaten aufgenommen werden können, so ist erklärlich, dass die Projektion lebender Bilder nach eigenen Aufnahmen in Amateurkreisen vorerst noch nicht eingedrungen ist. Dadurch aber, dass vollkommen fertige, tadellose Bilder für die Projektion bereits im Handel zu haben sind, ist es auch dem Laien möglich, die Projektion lebender Bilder auszuführen.

Das Filmband.

Als die ersten Kinematographien eingeführt wurden, legte man aus verschiedenen praktischen Gründen den Dimensionen der Bilder eine Grösse von circa 18 x 24 mm zu Grunde, fertigte die Diapositive auf Celluloidunterlage und nahm die Breite des Filmbandes selbst zu circa 34 mm an.

Alle bis auf den heutigen Tag konstruierten Apparate haben sich diesem "Standard" angeschlossen. Die Bilder selbst sind auf photographischem Wege, wie ein Diapositiv, auf einem einzigen Streifen erzeugt, und ihre Anordnung ist eine solche, dass eines über dem ändern zu liegen kommt (nicht Seite an Seite), ohne weiteren Zwischenraum zwischen den einzelnen Aufnahmen.

Auf 30 cm (1 Fuss) Film treffen somit rund 16 Bilder, und da die meisten Filmbänder eine Länge von circa 50 Fuss haben, so wird eine kinematographische Aufnahme durch beiläufig 800 Bilder dargestellt. Die Wiedergabe eines solchen Bandes erfordert zur Projektion ungefähr 45 Sekunden. Selbstverständlich kommen auch Films bis zu jeder anderen grösseren Länge in den Handel, aber die Anschaffung solcher dürfte sich namentlich für den Amateur als fast unmöglich erweisen, da schon ein Film von 50 Fuss sich auf über 50 Mk. beläuft.

Wir haben bereits gesagt, dass diese Bildchen vermittelst einer besonderen mechanischen Vorrichtung durch den Projektionsapparat geführt werden, und um dies zu erleichtern, ist der Film mit einer Perforation versehen. Dieselbe wird gebildet durch eine Reihe von Löchern, welche sich an dem links und rechts freibleibenden Rande des Filmstreifens (das photographische Bild selbst ist ja nur 24 mm breit) befinden. Es giebt zwei Arten von Perforationen. Die eine mit einem Abstand von circa 4,5 mm zweier aufeinanderfolgender Löcher, welche als "Edisons" oder "vierlochige" Perforation bezeichnet wird; die andere mit einem gegenseitigen Abstand der Löcher von circa 18 mm, die "einlochige" oder "Lumière"-Perforation. Es sei gleich hier bemerkt, dass ein Film mit Edison-Perforation natürlich nicht in einem Projektionsapparat mit Einlochsystem benutzt werden kann oder umgekehrt. Man achte also beim Einkauf von Films auf diesen Punkt.

Die nebenstehenden Skizzen stellen einen Teil der Films für die eben erwähnten beiden Systeme dar. Die linksstehende (Fig. 50) zeigt die Art der Perforation eines "einlochigen" Films und die rechtsstehende diejenige eines "vierlochigen". Die Bezeichnung rührt davon her, dass bei der einen der beiden Arten auf eine Bildhöhe "ein", bei der anderen "vier" Löcher treffen. Die Bezeichnung Edison- resp. Lumière-Perforation hat ihrerseits den Ursprung nach dem Original-Modell, in welchem die jeweilige Art der Perforierung zuerst angewandt wurde.

Ehe wir auf die genauere Konstruktion eines Apparates für lebende Photographieen eingehen, wollen wir nochmals das Prinzip desselben klar legen und bedienen uns hierzu des nachstehend gegebenen Diagrammes.

Prinzip des Apparates.

Fig. 51 zeigt in einfachster Form die wesentlichsten Teile eines kompletten Kinematographen, derart, dass alle nebensächlichen Teile ausgelassen und nur jene Teile angegeben wurden, welche zum Verständnis des ganzen Prinzipes absolut notwendig sind.

Der Film, welcher projiziert werden soll, wird in die mit MS bezeichnete obere Filmbüchse eingelegt. Der Anfang des Bandes wird um die Abspulrolle KS geführt, die mit ihren kleinen am Rande angebrachten Zähnen in die Filmperforation eingreift. Von da passiert der Filmstreifen eine Öffnung FF, eine Art Rahmen, wo er genügend fest zwischen zwei Druckplatten gehalten wird, und welche dazu dienen, den Film flach und in der genauen Distanz vom Objektiv V zu halten; steigt herab zu einer zweiten mit Zähnen versehenen Walze KI, die als Transportspule wirkt, und gelangt von hier in eine andere Filmbüchse MI, wo sich der bereits projizierte Teil des Filmbandes aufwickelt. Dies der mechanische Teil.

Das optische Arrangement dürfte dem Leser ohne weiteres verständlich sein. L ist die Lichtquelle und C der Kondensor, dessen Aufgabe es ist, die divergierenden Strahlen der Lampe so zusammenzuführen, dass sie sich in der Projektionslinse V vereinigen. Die Strecke FF entspricht gerade dem zur Projektion gelangenden Bildchen und ist dasselbe anstatt sehr nahe dem Kondensor zu sein, wo es wegen seiner verhältnismässig geringen Grösse nur einen sehr kleinen Teil des verfügbaren Lichtes aufnehmen könnte, weiter nach vorn angeordnet, in welcher Lage es den ganzen Lichtkegel umfasst. T stellt endlich noch einen Kühlapparat dar, der bei der Projektion von lebenden Bildern ebenso notwendig ist, wie er bei der Wiedergabe von Glasdiapositiven entbehrlich war.

Es wurde bereits gesagt, dass in dem Augenblick, wo das kleine Bild sich vorwärts bewegt, um das nächstfolgende der Serie an seinen Platz kommen zu lassen, das Licht abgehalten werden muss, denn jene Bewegung darf nicht am Schirme gesehen werden. Deshalb ist bei Apparaten für lebende Projektion ein automatisch wirkender Verschluss O angebracht, welcher im geeigneten Moment den auf die Öffnung FF fallenden Lichtkegel abschneidet, und so lange darin verbleibt, bis die Wechseluog des Bildchens, die durch eine noch näher zu beschreibende Vorrichtung G ausgeführt wird, vor sich gegangen ist.

Die mechanische Wechselvorrichtung.

Es giebt zwei grosse Klassen, in welche sich alle bis auf den heutigen Tag konstruierten Kinematographen-Apparate einreihen lassen. In der einen wird die ruckweise Bewegung des Filmbandes durch die Transportrolle RI, Fig. 51, selbst ausgeführt, während in den Zur zweiten Klasse gehörigen Instrumenten eine eigene Vorrichtung vorhanden ist, welche ausschliesslich diesem Zwecke 2u dienen hat.

Beide Arten haben sich in der Praxis als gut erwiesen, vorausgesetzt, dass die technische Ausführung eine vollkommene war.

Die mannigfaltigen Patente, welche in letzter Zeit auf Apparate für lebende Bilder genommen wurden, beziehen sich alle auf die mechanische Wechselvorrichtung und jede beseitigt natürlich (?) Fehler, die einer vorhergehenden Konstruktion noch anhafteten.

Es ist hier nicht der Ort auf alle jene Konstruktionen einzugehen, welche auf diesem Gebiete hervorgebracht wurden, wir begnügen uns hier mit der Schilderung der Urtypen, welche allen anderen zu Grunde liegen.

Bei der ersten Klasse von Apparaten wird die gleichmässige, kontinuierliche Bewegung einer Handkurbel, welche den ganzen Mechanismus in Bewegung setzt, in eine ruckweise, rasch aufeinanderfolgende Drehbewegung der Filmtransportrolle (RI Fig. 51) umgewandelt.

Es dient dazu eine in der Mechanik als Malthäserkreuz bekannte Vorrichtung.

Wechselmechanismus mit "Malthäserkreuz" [Maltheserkreuz]

Die beigefügte Skizze (Fig. 52) zeigt in einfachen Linien die Art dieser Konstruktion. Ein Rad A, welches vermittelst einer Übersetzung durch eine Handkurbel in rasche Umdrehung versetzt wird, trägt einen Stift K, der eine ruckweise Bewegung eines zweiten, sternförmigen Rades B hervorruft. Dieses letztere ist fest mit der Transportspule für die [den] Film verbunden, und so werden hierdurch auch die Bilder, trotz der kontinuierlichen Bewegung der Handkurbel in der verlangten, ruckweisen Bewegung von der Transporttrommel mitgenommen.

Die Einzelheiten der Konstruktion werden aus der Zeichnung leicht zu ersehen sein. Das Rad A besteht aus zwei übereinanderliegenden, fest verbundenen Scheiben von verschiedenem Durchmesser. Die eine derselben trägt den Zapfen K, während die andere an geeigneter Stelle einen kreisrunden Ausschnitt besitzt. Das Sternrad B kommt mit einem Teil so über die den Zapfen tragende Scheibe zu liegen, dass es mit seiner Peripherie, die kleinere Scheibe, derem Durchmesser es genau angepasst ist, berührt. Wenn der Mechanismus in der Phase ist, wie ihn die Zeichnung zeigt, so ist das Sternrad in Ruhe, während der Stift K durch die Drehbewegung des Rades A sich von ersterem wegbewegt. Aber das Sternrad ist nicht nur in Ruhe, sondern kann auch momentan nicht gedreht werden, denn dies verhindert die kleine Scheibe des Rades A. Diese Sperrung des Rades B, das mit der Transportspule fest verbunden ist, ist äusserst wichtig; denn der Cylinder kann dadurch eine Verschiebung des Film in dem Augenblick, wo dieser projiziert wird, nicht verursachen. Sobald aber der Zapfen K in einen der am Sternrad vorhandenen Schlitze eingreift, erlaubt auch der am Rade A befindliche Ausschnitt, ein Drehen des Rades B. Letzteres führt dann eine Bewegung gerade so gross aus, dass der auf der Transportspule durch die Perforation mitgenommene Film sich um eine Bildhöhe weiter bewegt. Sobald der Stift K den Sternausschnitt verlassen hat, ist auch das Rad B wieder unbeweglich, und die darauffolgende Projektion kann solange vor sich gehen, bis der Zapfen K neuerdings das Rad B und dadurch den Film in Bewegung setzt.

Es ist klar, dass sich dieses System in der manigfachsten Weise abändern lässt, indem man die Durchmesser der beiden Räder verschieden wählt, dem Triebrade A zwei oder mehrere diametral gegenüberstehende Zapfen oder dem Rade B eine grössere Anzahl von Ausschnitten giebt. Dadurch wird die Zahl der Wechselungen natürlich erhöht, ohne dass das Rad eine grössere kontinuierliche Umdrehungsgeschwindigkeit zu erhalten braucht.

In der zweiten Klasse von Apparaten für Projektion lebender Photographieen ist, zum Unterschied von der eben aufgeführten, eine eigene Vorrichtung in den Lauf des Filmbandes eingeschaltet, welche die Wechselung vornimmt. Zwei verschiedene Arten sind hier zu unterscheiden, nämlich solche Apparate, bei welchen die mechanische Wechselvorrichtung mit der Perforation des Film zusammenhängt, und solche, bei welchen diese Löcher am Filmrande, lediglich zum allgemeinen [Abrollen] Ab- und Aufrollen, nicht aber zum Wechseln gebraucht werden.

Das erste System, bei welchem also die Filmperforation zur Wechselung gebraucht wird, könnte man als ["Greifer"-Saystem] "Greifer"- das andere dagegen als "Mitnehmer"-System bezeichnen. Die nachfolgende Beschreibung dieser Konstruktionen wird den Ursprung der Bezeichnung verständlich machen.

Es sei hier noch einmal gesagt, dass bei allen Apparaten, welche in diese zweite Klasse gehören, die Transportrolle stets langsam und kontinuierlich (zum Gegensatz der unter Klasse I beschriebenen Apparate) ihre Bewegung ausführt und nur dazu dient, das bereits projizierte Bildband aus dem Apparate zu schaffen; an der Wechslung selbst beteiligt sich diese Rolle also nicht.

Wechselmechanismus mit "Greifer".

Der Hauptmechanismus wird hier gebildet von einer sich [aufbewegenden] auf- und abbewegenden Stange (ähnlich der Kolbenstange einer Dampfmaschine), die mit einem Ansatz A versehen ist, der seinerseits einen "Greifer" in Form eines kleinen Hakens trägt.

Die Spitze dieses Hakens ist nach abwärts gebogen, wie Fig. 53 zeigt und mit Gelenk und Feder so versehen, dass ein geringer Druck ihn nach einer oder der anderen Seite bewegen lässt. Die von diesem sich auf- und abbewegenden Haken beschriebene Bahn deckt sich genau mit der vertikalen Lage der Perforationslöcher in dem Film. Beim Beginn einer jeden Abwärtsbewegung schlüpft der kleine Haken in das gerade vor ihm liegende Loch; er zieht das Band nach sich, und entspricht diese Verschiebung gerade dem Weg, welcher notwendig ist, damit das neue Filmbildchen an Stelle des vorhergehenden tritt. Die Aufwärtsbewegung der Stange beginnt dann wieder, und da der Film etwas fest zwischen den Druckplatten, welche das Bild im Focus halten, sitzt, so drückt sich der kleine Greifer leichter aus der Perforation heraus, als dass er den Film wieder mit in die Höhe nehmen würde. Während der ganzen Aufwärtsbewegung findet der Haken keine Möglichkeit, sich in die Filmperforation einzuhängen, und dies geschieht erst dann wieder, wenn die Stange ihre Abwärtsbewegung beginnt, so eine neue Wechslung verursachend.

Wechselmechanismns mit "Mitnehmer".

Diejenigen unserer Leser, welche schon selbst einmal an einer Drehbank gearbeitet haben, wissen, was man unter einem "Mitnehmer" versteht und werden deshalb leicht den folgenden Mechanismus in seiner Wirkung verstehen.

Für solche aber, welche genaue Bekanntschaft mit dieser Einrichtung noch nicht gemacht haben, sei erwähnt, dass ein Mitnehmer ein auf einer drehbaren Scheibe excentrisch angeordneter Stift ist, der den zu bearbeitenden Gegenstand mit sich zieht.

In Fig. 54 ist das Rad C mit dem Zapfen K die als Mitnehmer bezeichnete Vorrichtung. B ist die bekannte Transporttrommel, über welche sich das Filmband langsam und kontinuierlich abspult, indem die ruckweise Wechslung einzig und allein durch den Mitnehmer ausgeführt wird. Nehmen wir nun an, wir halten das Filmband in den Bereich des Zapfens K, und die Scheibe C erhalte von der Handkurbel des Apparates ans eine rasche Umdrehung, so geht folgendes Spiel vor sich. Der Zapfen K zerrt das Filmband herab, jedoch nur soweit, dass die nunmehr gebildete Schleife sein freies Passieren erlaubt. Auf seinem Umlauf mit der Scheibe C entfernt er sich wieder von dem Bande, währenddessen verkleinert sich aber die Schleife wieder, denn das Filmband wird von der Transportrolle B weitergeschafft. Sowie der Zapfen K sich dem Film nähert, wird letzterer wieder zu einer genügend grossen Schleife ausgezogen, d. h. der nachfolgende Teil des Filmbandes verschiebt sich ruckweise und ermöglicht das Wechseln des Bildes für die Projektion. Es ist klar, dass die Excentricität, d. i. die Stellung des Zapfens K auf der Scheibe C, eine ganz bestimmte sein muss, soll die Verschiebung des Filmstreifens gerade immer eine Bildhöhe ausmachen.

Bei diesen oder auf ähnlichem Prinzipe aufgebauten Apparaten sehen wir also, dass die Perforation eine wesentliche Rolle bei der Wechselvorrichtung nicht spielt, denn der Zapfen K, welcher über die ganze Filmbreite reicht, greift nicht in die am Rande der Film befindlichen Löcher ein, hat überhaupt mit diesen nichts zu thun.

Welcher der zwei geschilderten Klassen man den Vorzug geben könnte, ist schwer zu sagen. Jede derselben ist praktisch gut, vorausgesetzt, dass die technische Arbeit eine vollkommene ist, die, wie bereits gesagt, das einzige "Geheimnis" an einem guten Projektionsapparat für lebende Photographieen ist.

Unser in Figur 51 gegebenes Schema und der in Abbildung 55 in allen seinen Einzelheiten wiedergegebene Projektionsapparat basieren auf dem Prinzip des "Mitnehmers". Die perspektivische Ansicht veranschaulicht nur die eigentliche Projektionscamera, während der zweite Teil, die Projektionslaterne, der Deutlichkeit halber weggelassen ist. Jede beliebige gute Laterne kann hierfür Verwendung finden, nur muss die Projektionscamera in der richtigen Entfernung vom Kondensor Aufstellung finden, d. i. so zu stehen kommen, dass der Objektivhauptpunkt in die Spitze des austretenden Lichtkegels fällt. Als Lichtquelle können für Projektion lebender Bilder nur Kalklicht oder elektrisches Bogenlicht in Frage kommen. Alle anderen Lichtquellen reichen für die hier auftretenden Verhältnisse nicht aus. Man bedenke nur, wie stark man das kleine 18 * 24 mm Bildchen zu vergrössern hat, damit man ein nur einigermassen grosses Bild am Schirm erhält

Wir können hier unmöglich auf die Bauart der im Handel befindlichen Apparate für Serienprojektion noch näher eingehen; es würde dieses auch nur wenig Vorteile bieten, denn für die Handhabung des Mechanismus an denselben ist natürlich einzig und allein die dem Käufer mit dem Apparate übergebene Gebrauchsanweisung massgebend. In allen Fragen bezüglich des optischen Teils aber gilt streng und genau alles Das, was wir bei dem einfachen Projektionsapparate für Glasdiapositive gesagt haben

Einfache Projektion und Kinematographie.

Es ist von nicht zu unterschätzendem Werte, wenn man bei Vorführungen lebender Photographieen eine kleine Erklärung betreffs Art des Bildes, Ort der Handlung etc., welche man darstellt, geben kann. Am einfachsten ist es dann, wenn man von dem in gut leserlicher Schrift ausgeführten Programme ein Diapositiv fertigt und dieses in der Laterne projiziert. Da aber die in einem Kinematographen verfügbare Fläche zu klein wäre, um einen längeren und noch gut lesbaren Text anbringen zu können, so werden Apparate für Projektion lebender Bilder neuerdings meist so konstruiert, dass man auch gewöhnliche Diapositive, welche eine Grösse von circa 8 1/2 auf 8 1/2 cm haben, darin darstellen kann. Unsere Figur 56 zeigt eine derartige Kombination. Diese hat unzweifelhaft auch den Vorteil, dass man neben den Photographien lebender Bilder auch jedes selbstgemachte Diapositiv mit dem gleichen Apparate zeigen kann, was die Vielseitigkeit in der Vorführung natürlich sehr vorteilhaft erhöht. Der Apparat ist zu obengenannten Zwecken so eingerichtet, dass der Kinematograph-Ansatz, sowie eine gewöhnliche Projektionslinse auf einer um einen Zapfen drehbaren Kreisscheibe montiert sind. Die Projektionslaterne trägt einen Bildschlitten, in welchen das Diapositiv eingeführt wird, welches durch eine zugehörige langbrennweitige Linse auf dem Schirme gezeigt wird. Sobald die Vorführung der Serienaufnahmen geschehen soll, wird der ganze Mechanismus gedreht, das Diapositiv aus dem Schlitten genommen, die kurzbrennweitige Linse mit Film tritt in den Bereich des Lichtkegels und die Projektion der Serienbilder kann vor sich gehen.

Vorkehrungen gegen Feuersgefahr.

Die grässliche Katastrophe, welche sich unglücklicherweise vor Jahren in einem Pariser Bazar ereignete, wird noch frisch in jedermanns Gedächtnis sein. Es war gleich bei Ausbruch des Brandes bekannt geworden, dass derselbe von dem für kinematographische Vorstellungen eingerichteten Raume ausgegangen war. Der kinematographische Apparat hatte aber, wie sich später ergab, wenig damit zu thun, ausgenommen vielleicht, dass die [der] brennbare Film (Celluloid, die Unterlage desselben besteht ja, wie bekannt, zum grössten Teil aus Kampher) zur Ausbreitung des Feuerherdes beigetragen hatte.

Es ist jetzt vollkommen ergründet, dass das Feuer durch die unglaubliche, aller Beschreibung spottende Unachtsamkeit des die Vorführung leitenden Technikers verursacht wurde, indem mit der als Lichtquelle benutzten Äther-Kalklichtlampe so umgegangen wurde, als wenn sie ein mit Wasser gefülltes Gefäss wäre. Kein Wunder also, dass beim Anzünden eines Streichholzes die vorhandenen Ätherdämpfe Feuer fingen und so den Anstoss zu dem rasch um sich greifenden Brande gaben.

Das schreckliche Feuer ist also, wie wir eben sagten, nicht aus dem Kinematographenapparate abzuleiten; dennoch ist das allgemeine Publikum nun einmal gegen diese voreingenommen, und man muss deshalb umsomehr dafür sorgen, dass jegliche Gelegenheit zur Bildung eines Feuers genommen ist.

Die Anwendung eines Kühltroges, welchen wir bei der einfachen Projektion so bestimmt als unnütz bezeichneten, muss hier absolut verlangt werden. Denn, eine richtige Behandlung der Lichtquelle vorausgesetzt, kann etwa - und nur noch dadurch - eine Feuersgefahr entstehen, dass mit den Lichtstrahlen auch die Wärmestrahlen auf der [dem] das Bild tragenden Film durch den Kondensor zu einem Focus gebracht werden. Wenn aber ein und dasselbe Bildchen der Hitze zu lange ausgesetzt bleibt, so ist es nicht unmöglich, dass sich das Celluloid desselben entzündet.

Der Kühltrog ist ein Gefäss, das aus zwei etwa 2 1/2 cm von einander entfernten, rechteckigen Spiegelglasplatten gebildet wird, die auf drei ihrer Seiten mit einer Packung zu einer wasserdichten Cuvette geformt sind. Dieselbe wird mit einer wässerigen [Glycerinlösung] Glycerin- oder Alaunlösung (S. 97 [hier nicht miterfasst]) gefüllt und zwischen Kondensor und Film gestellt. Die Flüssigkeit absorbiert einen grossen Teil der Wärmestrahlen, während das Licht ungeschwächt durchpassieren kann.

Behandlung des Filmbandes.

Von dem Zustande, in welchem das Filmband gehalten wird, hängt natürlich auch die Güte der Bilder bei einer Vorstellung ab. Es ist klar, dass jeder kleine, unscheinbare Fehler am Filmstreifen, so stark vergrössert, am Schirme zu einem ungeheuren Flecken wird. Staubkörnchen werden zu grossen Steinen, feine Kratzer zu dicken Drähten.

Die sorgfältige Behandlung des Filmbandes ist also ein unbedingtes Erfordernis. Vor allem bewahre man den Apparat selbst möglichst vor Staub und reinige denselben von Zeit zu Zeit. Das Filmband ziehe man dann und wann durch ein weiches, reines Leder, ohne dabei aber zu stark zu reiben, denn der Film wird sonst elektrisch und zieht den Staub aus der Luft nur noch mehr an.

Es muss nicht vergessen werden, dass nach einer Vorstellung die Films wieder neu aufgerollt werden müssen. Durch die Projektion kam das Ende der Bildserie nach aussen zu liegen: man würde also bei der nächstfolgenden Vorführung mit dem Ende beginnen, was, wenn absichtlich gethan, zu den wunderlichsten Erscheinungen Veranlassung giebt und nicht wenig Heiterkeit im Publikum erweckt.

Wenn eines der Bilder einer Serienaufnahme durch irgend welchen Zufall stark beschädigt ist, so thut man am besten, dasselbe ganz aus dem Bande herauszunehmen. Man schneidet dann am oberen Ende dieses Bildchens den Film durch. Von dem abgetrennten Teile schneidet man das erste, also das auszuschliessende, ebenfalls ab, jedoch so, dass noch etwa 3 mm dieses Bildchens an dem Filmbande bleiben. Dieser schmale Streifen von 3 mm dient dazu, die eigentliche Verbindung der beiden Filmteile wieder herzustellen. Mit Hilfe eines scharfen Federmessers schabt man die das Bild tragende Gelatineschicht sorgfältig ab, so dass die reine Celluloidunterlage hervorkommt. Den so erhaltenen Verbindungsstreifen befeuchtet man dann mit einer Lösung von Celluloid in Amylacetat (die Lösung ist fertig käuflich) und bringt das Ende des ersten Filmteiles gerade auf jenen 3 mm breiten Celluloidstreifen. Durch kräftiges Andrücken wird schon nach kurzer Zeit ein inniges Verbinden der beiden Filmstücke erreicht. Natürlich ist dabei Sorge zu tragen, dass der Abstand der Löcher der Perforation auch an der Verbindungsstelle genau der gleiche bleibt.

Sollte es nötig sein, so können auch mehrere Bilder aus dem Filmbande entfernt werden, ohne dass dasselbe wesentlich darunter leidet. Ist der Film durch Stockungen im Bewegungsmechanismus zerrissen worden, so kann eine Reparatur desselben auf gleiche Weise, wie oben beschrieben, vorgenommen werden. Der Film muss immer so in den Apparat eingesetzt werden, dass das Bild sozusagen auf dem Kopf steht. Ob dabei die das Bild tragende Gelatineschicht dem Objektiv zugewandt wird oder nicht, hängt davon ab, ob man auf einen durchscheinenden oder opaken Schirm projiziert.

Eine häufig auftretende Erscheinung bei kinematographischen Projektionen sind helle Längsstreifen, welche den Eindruck machen, als wenn ein heftiger Wolkenbruch aus heiterstem Himmel hernieder käme. Der Fehler hat seinen Ursprung in Beschädigungen der Bildschicht. Feine Staubteilchen, welche in den Führungsrollen etc. sitzen, haben die Oberfläche des Bildes beim öfteren Gebrauch eines Film abgerieben; also sorge man für häufige, gründliche Reinigung aller Teile eines Apparates.

Wie bei einer Cigarre, so ist auch bei einem Film eine bestimmte Feuchtigkeit notwendig, um denselben gut und geschmeidig zu erhalten. Es ist deshalb das Beste, ihn in einer Blechbüchse mit doppeltem Boden aufzubewahren, in deren unteren Raum ein Stück mit Wasser befeuchtetes Fliesspapier gelegt wird. Da der zweite Boden mit Löchern versehen ist, so liefert das verdunstende Wasser die nötige Feuchtigkeit für den sonst luftdicht, abgeschlossenen Film.

Das Aufnehmen, Entwickeln etc. lebender Bilder.

Es drängt sich natürlich unwillkürlich die Frage auf, ob man mit einem kinematographischen Projektionsapparate nicht auch Aufnahmen machen kann. Diese Frage ist im allgemeinen mit Nein zu beantworten, wenngleich es Apparate giebt, welche umgekehrt zum Aufnehmen gebaut, auch zur Projektion benutzt werden können. Ein Unterschied zwischen dem [Aufnahmeapparate] Aufnahme- und Projektionsapparate besteht nur darin, dass in letzterem der Lichtabschluss nach aussen nicht so sorgfältig durchgeführt ist. Das Aufnehmen der Negative, das Entwickeln, die Herstellung der Positivfilm etc. ist jedoch derartig schwierig und kompliziert, dass nur wenige unserer Leser die Mühe und Geduld sich nehmen würden, die Anfertigung von Bildern für lebende Projektion selbst vorzunehmen.

Die Entwicklung von Serienaufnahmen kann auf verschiedene Weise geschehen. Eine der gebräuchlichsten Methoden ist, den exponierten Filmstreifen in schraubenförmigen Windungen um eine cylindriscbe Walze, Schichtseite nach aussen, herumzuwickeln. Diese Walze wird, horizontal liegend, mit ihrer Achse so aufgestellt, dass die untere Fläche des Cylindermantels in eine Wanne mit Entwickler taucht, und durch Drehen werden nach und nach sämtliche Teile des Filmbandes, mit Entwickler benetzt. Es ist klar, dass zu dieser Manipulation nur ein langsam wirkender Entwickler benutzt werden darf. Eine andere Methode besteht darin, dass man aus zwei Stücken Holz ein Kreuz fertigt und in die vier so gebildeten Teile, im Centrum beginnend, eine Anzahl von Nägel in einem Abstände von ca. 1 cn einschlägt, so dass das Ganze einem Rechen oder Kamme gleicht. Das eine Ende des Film wird im Mittelpunkt befestigt und, auf der Kante stehend, wickelt man den Streifen, Schichtseite nach aussen, in spiralförmigen Windungen über die einzelnen Zähne. Zur Entwicklung wird dann diese Vorrichtung in eine genügend grosse photographische Schale gelegt.

Das Kopieren von Serienaufnahmen oder die Anfertigung des Positivfilm wird in der Weise durchgeführt, dass man in die zur Aufnahme bestimmte kinematographische Camera den Negativstreifen und ein neues noch nicht belichtetes Filmband einführt, und zwar so, dass in der optischen Achse die Negativfilm (vom Objektiv aus gesehen) über dem zu belichtenden Bande liegt. Die Linse selbst wird jedoch herausgenommen, der Apparat gegen eine hell beleuchtete Fläche gerichtet und durch gleichzeitiges "Durchdrehen" der beiden Filmstreifen die Kontaktkopie des Negativbandes angefertigt. Das Entwickeln und Fixieren etc. dieser positiven Bilder geht dann ebenso vor sich, wie die Herstellung des Negatives.

Die Filmstreifen haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie sich während des Verweilens in den Bädern und beim Trocknen verziehen. Die Folge davon ist, dass bei der Projektion das Bild nicht immer genau in die optische Achse zu liegen kommt, sondern nach oben oder unten abweicht, oder, wie man zu sagen pflegt, nicht "steht". Der Fehler wird dadurch korrigiert, dass man das Objektiv durch eine Stellschraube während des Projizierens hebt oder senkt; um aber den Fehler schon gleich von Anfang an möglichst zu unterdrücken, wird den verschiedenen Bildern beim Entwickeln etc. Glycerin zugefügt. Ist aber die Verschiebung des Bildes auf dem Schirme dem ungenauen Funktionieren des Mechanismus in dem Apparate zuzuschreiben, so helfen natürlich alle diese Vorsichtsmassregeln nichts.

Allgemeine, wohl zu beherzigende Winke

Eine Projektionsvorstellung ist eine nicht leicht zu leitende Sache. Jedermann, der Anspruch darauf macht, dass seine Vorstellung Gefallen und Anerkennung findet, muss dafür sorgen, dass dieselbe glatt und ohne besondere Aufregung vor sich geht. Das Geheimnis des Erfolges liegt mehr darin, dass man den Kleinigkeiten eine genügende Aufmerksamkeit schenkt, als dass man eine grosse Anzahl von Bildern vorführt. Gerade in letzterem Punkte fehlen Amateure so häufig, indem sie glauben, dass die Masse Das wieder hereinbringt, was an der Güte der einzelnen Bilder fehlt. Für das einzelne Bild lasse man genügend Zeit zur Betrachtung und sei äusserst darauf bedacht, dass das Wechseln der Bilder bei der einfachen Projektion ohne Störungen vor sich geht. Man sorge dafür, dass jedes einzelne Diapositiv mit eingestellt ist und dass der Apparat während der Projektion desselben durch keine Nebenhandlungen ins Zittern gebracht, wird, wodurch das Bild am Schirme unruhig wird. Man erinnere sich stets, dass die Zuschauer unterhalten sein wollen, und deshalb sind ein paar Worte als Begleitung bei einer Projektionsvorstellung Das, was der Text bei einem Liede ist.

Der gute Erfolg einer Projektionsvorstellung kann nicht wenig erhöht werden dadurch, dass man die Bilder zusammenhängend wählt und in kleine Abschnitte einteilt. Man reihe die Diapositive stets so aneinander, dass eines zum anderen überführt. Dies ist durchaus nicht schwer und fast immer durchzuführen, selbst wenn die Bilder noch so zusammengewürfelt sind. Wenn man aber - und wären es die besten Bilder der Welt die einzelnen Aufnahmen durcheinander und schlecht vorführt, indem man den weissen, unbedeckten Schirm beim Wechseln der einzelnen Bilder zeigt, eine Reihe von unvorhergesehenen Pausen eintreten und die Projektionen am Schirme zittern und tanzen lässt, dann mag man gewiss sein, dass jeder Zuschauer die Vorstellung unzufrieden verlässt und sagt, es wären die schlechtesten Aufnahmen gewesen, die er je gesehen hat.

Fig. 50. Filmbänder

Fig. 51. Schema eines Projektionsapparates für lebende Bilder.

Fig. 52. [Malteserkreuz]

Fig. 53. [Greifer]

Fig. 54. [2 benachbarte Transportrollen]

Fig. 55. Kinematograph

Fig. 56. Kompletter Projektionsapparat für lebende Bilder und Glasdiapositive.

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