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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionsverfahren, Halle, 1914, S. 19-22
[Jahrbuch für Photographie und Reproduktionsverfahren, Halle ...]
Jahrbuch für Photographie und Reproduktionsverfahren, Halle 1914, S.19-22
Von F. Paul Liesegang in Düsseldorf.
Wer zählt die Namen?
Auch ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Kinematographen. [Die Namen werden hier in Buchstabenabsätze aufgeteilt.]
Als Thomas Sutton, der Herausgeber der "Photographic Notes", im zweiten Januarheft 1861 (S. 17 u. 18) die Erfindung eines neuen Apparates ankündigte, der, wie andere Vorläufer des Kinematographen, zur subjektiven Betrachtung stereoskopischer Bewegungsbilder dienen sollte, klagte er den Lesern sein Leid, dass ihm ein passender Name dafür fehle. Stereotrope oder Stereoscopic Thaumatrope schien ihm nicht geeignet. "Können die Leser mir nicht helfen? Es hängt viel ab von einem guten Namen. Ich habe mir schon vergeblich den Kopf zerbrochen. Einen einfachen angelsächsischen Namen würde ich einem solchen von klassischem Ursprung vorziehen.
Dass das Kind einen eigenartigen, tönenden Namen haben müsse, das haben sich augenscheinlich auch späterhin viele Erfinder kinematographischer Apparate gesagt; aber sie wählten durchweg eine Bezeichnung klassischen Ursprungs. Ich habe mir, als seiner Zeit die in die Patentämter schwemmende Sintflut begann, den Spass gemacht, eine Sammlung der in Beschreibungen und Anzeigen erscheinenden Namen anzulegen. Eine Blütenlese veröffentlichte ich bereits im Aprilheft 1897 der Zeitschrift "Laterna Magica"; seitdem sind noch viele hinzugekommen, denen ich die Zusammenstellung von Hopwood und Jenkins einverleibte. Wie oft mag das lateinische und griechische Lexikon gewälzt worden sein! Welch Kapital an Arbeit steckt allein in der Erfindung der Namen - denn es machte sich ja nicht jeder so leicht, dass er ein scop oder graph an seinen eigenen Namen hing (wie bei Rautograph, Pathescope u. a.). Für die Vollständigkeit der nun folgenden Sammlung kann ich nicht einstehen.
Abagraph, Acheograph, Acmegraph, Actograph, Advertoscope, Aerial Graphoscop, Aeroscope, Ammotiscope, Anarithmoscope, Animateur, Animatocolor, Animatograph, Animatoscop, Artograph, Autoscope;
Badizograph, Bio, Biocinema, Biograph, Biojector, Biokam, Bio-Kinematograph, Biophot, Bio Pictoroscope, Biorama, Bioscop, Birtac, Brewstergraph;
Cameragraph, Cameragraphot, Cathoscop, Cellograph, Centograph, Chrono, Chronomatograph, Chronophotograph, Chronophotographoscope, Chrono-Projector, Chronoscope, Cicroscop, Cinagraphoscope, Cinebaroscope, Cinecosmorama, Cinefoto, Cinegraph, Cinema, Cinematograph, Cinematoscope, Cineograph, Cinepar, Cinerama, Cinnemonograph, Cinograph, Cinoscope, Citograph, Citoscop, Corminograph, Cosmoscope, Counterfivoscope, Craboscope, Criterioscope, Cycloscope, Cynnagraph;
Daramiscope, Diaphaniograph, Differential, Diocinescop, Dramagraph, Dromograph, Dynamograph;
Edengraph, Eideloscop, Electragraph, Elektrograph, Electroscope, Era, Eragraph, Erbograph;
Filmograph, Filmoscope, Filoscope, Fisograph, Fonematograph, Fotorama;
Getthemoneygraph;
Heliocinegraph, Heliograph, Heliographoscope, Homeoscope, Homograph, Hypnoscope;
Ikonograph, Involograph, Jurigraph;
Kameragraph, Kamerascop, Kammatograph, Katoptikum, Kineatograph, Kinebiograph, Kinebleposcop, Kineclair, Kinedodgescope, Kinegraph, Kinegraphoscop, Kinekam, Kinemar, Kinematodrome, Kinematograph, Kinematoscop, Kinematoterm, Kinemesster, Kineograph, Kineopticon, Kineoptoscop, Kinephot, Kinescop, Kinesigraph, Kinestereograph, Kineto, Kinetograph, Kinetoplane, Kineto-Projector, Kinetescope, Kinetoscop, Kinevitagraph, Kinevitograph, Kino, Kinodrome, Kinograph, Kinokam, Kinoptoscope, Kinora, Kinotigraph, Kinox, Klioscop, Klondikoscope, Kniesetograph, Kodagraph, Kodograph, Kosmograph, Kosmorama;
Lapiposcop, Lifeograph, Lifeoscope, Lifescope, Lifograph, Lindoscope, Lobsterscope, Luminograph;
Magniscop, Matagraph, Micrograph Mimicoscope, Mirograph, Miror Vitae, Miroscop, Monograph Monteilletoscope, Motiograph, Motiscope, Motograph, Motophotoscop, Motorgraph, Mouvementoscop, Movendoscop Musculariscope, Mutograph, Mutoscop, Mutuscop, Myriorama;
Optiscope, Originagraph, Ouimetoscope;
Panoramagraph, Panoramograph, Pantobiograph, Pantograph, Pantomimograph, Parlorgraph, Pathegraphe, Pathekok, Pathescope, Peerlescope, Perfektoskop, Periphote, Peristoscope, Phantasmagoria, Phantograph, Phantoscope, Phasmatrope, Phenakistiscope Philograph, Phonendoscop, Photobiographe, Photochronograph, Photocinegraph, Photokinematograph, Photorama, Photorotoscop, Photoscop, Phototrop, Physiograph, Physograph, Pictorialograph, Picturedrome, Picturegraph, Picturecope, Planetograph, Polyscope, Praxinoscop, Proiecting-Kinetoscope, Projectoskope, Projektograph;
Rautograph, Rayoscope, Realiphotoscope, Rollograph, Rotagraph, Rotascop, Rotograph, Rotoscope, Royalbiograph, Royalograph, Rythmograph;
Scenagraph, Scenamotograph, Scenoscope, Seeberograph, Selfominograph, Shadographoscope, Spheroscope, Steenomatograph, Stereoptikon, Stereoptigraph, Stinnetiscope, Stroboscope, Symographoscope, Synchroscope, Synomatograph, Synthetograph;
Tachyscope, Takkoscope, Taumatograph, Taumatotrope, Telecinematograph, Theatrescope, Theatrograph, Theoscop, Thouniatoscope, Thromotrope, Travergraph, Tropograph, Tylergraph;
Urbanorascope;
Variscope, Velograph, Venetrope, Viagraph, Viascope, Victorgraph, Vileocigraphoscope, Vileograph, Vilophotoscope, Vilotoscope, Vio, Virascop, Viroscop, Visionoscop, Visionscope, Vitagraph, Vitamotograph, Vitaphotoscop, Vitascop, Vitograph, Vitopticon, Vitrescope, Vivendograph, Viviscope, Vivograph, Vivrescope;
Wateroscop, Wondorscope;
X-ograph;
Zinematograph, Zoeoptrotrope, Zoescop, Zoetrope, Zoograph, Zoopraxoscope, Zooscop.
Um die Sammlung zu vervollständigen, seien noch die Namen der Apparate beigefügt, welche zur Darstellung der "lebenden, sprechenden, singenden und musizierenden" Lichtbilder oder kurz "Tonbilder" dienen:
Actophone, Anephonograph, Animatophone, Arleion; Biographon, Biophon, Biophotophon, Biotophon; Cameraphon, Chronomegaphone, Chronophon, Cinemaphone, Cinemicrophonographe, Cinephon, Cinephonographe; Dedrophon; Excelsiophon; Fonematograph; Humanovo; Kameraphon, Kenephone, Kinemarophon, Kinematophon, Kinemicrophonograph, Kinographon, Kinophon; Mendephon; Phono-Kinematoscope, Phonokino, Phono-Mutoscop, Photocinematophone, Picturephone, Projectophon, Protrectophon; Synchrophone, Synchroscope; Tempograph, Theaterphone, Theatrophon, Tonbiograph; Vitaphon, Vivandophon, Vivantophon, Vivaphon.
Die Bezeichnung Kinematograph bezw. Cinematographe wurde, soviel sich feststellen lässt, zuerst von Bouly gebracht, und zwar in dessen französischem Patentgesuch vom 12. Februar 1892 bezüghch eines Apparates für Reihenaufnahmen. Die Gebrüder Lumière übernahmen das Wort 1895 für ihren Apparat und führten es in den Handel ein. Am 11. April 1896 meldete die Deutsche Automatengesellschaft, Stollwerck u. Co. in Köln, die Marke Kinematograph in Deutschland als Warenzeichen an, worauf ihr der Wortschutz unter Nr. 16507 erteilt wurde. Nichtsdestoweniger gingen zahlreiche andere Firmen, denen dies Warenzeichen offenbar nicht bekannt war, dazu über, ihre Apparate als Kinematographen zu bezeichnen, und die Automatengesellschaft schritt erst zur Wahrung ihrer Rechte, als die Bezeichnung sich allgemein eingebürgert hatte, als jedermann den zur Darstellung lebender Lichtbilder dienenden Apparat Kinematograph nannte, als Zeitschriften und Theater dieses Wort auf ihrem Schild führten. Anfangs entschied das Gericht bis hinauf zum Reichsgericht zugunsten der Klägerin; das Patentamt lehnte einen Antrag auf Löschung des Zeichens ab. Aber der unausgesetzt weiter geführte Kampf brachte doch schliesslich die Entscheidung, dass das Wort Kinematograph keine Herkunftsbezeichnung mehr bedeute, wie dies vielleicht früher der Fall gewesen sei, sondern dass es im Laufe der Zeit zu einer Gattungsbezeichnung, also zu einem Freizeichen geworden sei, dessen Benutzung jedem erlaubt wäre.
Den Namen Bioskop, welcher neben Kinematograph herlief, finden wir erstmahg Anfang der 50er Jahre, als der Pariser Optiker Duboscq für einen von ihm erfundenen stereoskopischen Apparat zur Betrachtung von Bewegungsbildern diese Bezeichnung anwandte. Auch dieses Wort wurde in Deutschland als Warenzeichen eingetragen, später aber wieder gelöscht. Es ist Ende der 90er Jahre einmal der Versuch einer Verdeutschung des Wortes Kinematograph (als Schaustellung) gemacht worden, indem der Zweigverein Berlin-Charlottenburg des Allgemeinen deutschen Sprachvereins ein Preisausschreiben erliess, worin sich u. a. diese Aufgabe fand. Der Preis fiel auf "Lebebilder"; doch wurde die Einführung dieses Wortes nicht befürwortet. Was man damals nicht fand, ist uns dann später, als das Bedürfnis immer grösser wurde, beschert worden: das klangvolle und bezeichnende Wort "Lichtspiele".

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