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#1392

Hamburger Fremdenblatt, 13.08.1896, Nr. 189

[Hamburger Fremdenblatt 13.8.1896, Nr.189 Kinematograph ...]

Hamburger Fremdenblatt 13.8.1896, Nr.189

Kinematograph Lumière

Der kleine lauschige Raum, den die Automaten-Commandit-Gesellschaft, Kobrow u. Co. für die Vorführung des Kinematographen von ihrem Terrain abgegrenzt hat, ist alltäglich Zeuge der staunenden Verwunderung und des gerechten Aufsehens, das die phänomenale Erfindung der Gebr. Lumière in allen Kreisen der gebildeten Welt hervorruft. Wenn man den schüchternen Versuch betrachtet, der s. Zt. Anschütz mit seinen kleinen beweglichen Bildern machte und nun den Fortschritt sieht, den der Kinematograph auf dem Gebiete der sogenannten lebenden Photographie gethan hat, so muss man bewundernd vor dem menschlichen Geist und der hochentwickelten Technik stehen, die allein diesen colossalen Umschwung hervorgerufen haben. Was früher klein und winzig sich dem Auge darbot, erscheint jetzt in Lebensgrösse mit dem ganzen Zauber auf den Zuschauer wirkend, der von der Natur und ihren Lebewesen ausgeht. Ob wir einen Blick auf die drohend ins Meer geschobenen Klippen werfen, an denen die Fluth in übermüthigem Spiel und in Milliarden von perlenden Tropfen heranbrandet, sich überschlägt und gurgelnd zurückfliesst ins unendliche Meer, oder ob wir unser Auge über die weite Ebene schweifen lassen, an deren Horizont eine leichte Staubwolke aufwirbelt, die erst allmählich eine heransprengende Reiterschar enthüllt oder ob wir endlich einem Kinderball mit seinen reizenden kleinen Zufälligkeiten und dem ganzen strahlenden Frohsinn der Jugend beiwohnen, überall wohin der Blick sich wendet, tritt uns Leben entgegen, warmes frisch pulsirendes Leben, das sofort gefangen nimmt und den Beschauer fesselt. Wir könnten die Vorführungen des Kinematographen aufs Wärmste empfehlen, und wir versprechen Allen, die ihre Schritte nach dem Wunderkabinett in der Kaiser Wilhelmstrasse lenken, im Voraus einen prächtigen Genuss.

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