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#1075

Elektrizität. Offizielle Zeitung der elektrischen Ausstellung, Frankfurt, M., 1891, Nr. 23, S. 763-764

Anschütz' elektrischer Sehnellseh-Automat.

Bei der Zergliederung der verschiedensten Bewegungsarten des Menschen und der Thiere vermittels photographischer Moment-Aufnahmen, durch welche Anschütz dem Forscher Gelegenheit zu ganz neuen Schlussfolgerungen geboten hat, und bei der Herstellung dieser Aufnahmen findet die Elektrizität mannigfach Anwendung. So dient eine Batterie von Leclanché-Elementen zur Auslösung der 24 Momentverschlüsse, eine zweite treibt ein Metronom, das die Zeitintervalle zwischen jeder Aufnahme bemisst, und eine dritte Batterie ist dem Siemens'schen Funkenchronographen beigegeben, der bei genaueren Zeitmessungen Anwendung findet. Es fehlte nun bisher an einem geeigneten Mittel, die auf diesem Wege erzielten Bilderreihen wieder in der ursprünglichen Bewegung erscheinen zu lassen, denn das einfache Stroboskop konnte den Ansprüchen, welche die durch die Photographie auf das Vollkommenste erzielten Darstellungen erhoben, nicht mehr genügen. Anschütz kam auf den glücklichen Einfall, hierfür die Elektrizität zu Hilfe zu nehmen, und zwar den Induktionsstrom in Verbindung mit der Geissler'schen Röhre. So entstand der elektrische Schnellseher, der in der Halle für Medizin und Wissenschaft auf der Ausstellung allgemeine Bewunderung erregt. Die Anordnung desselben ist folgende.

Die Glasbilder einer solchen Reihenaufnahme (zur Veranschaulichung einer solchen geben wir nebenstehend eine Probe, die den [Hochsprung] Hoch- und Grabensprung eines Pferdes darstellt) sind auf einer Eisenscheibe kreisförmig angeordnet und werden bei der Umdrehung an der Geissler'schen Röhre vorübergeführt, die jedesmal durch den Induktionsfunken erleuchtet wird, sobald sich ein Bild vor ihr befindet. Die Unterbrechung des primären Stromes bewirkt ein auf der Rückseite der Eisenscheibe befindliches Hebelwerk, das durch mehrere der Zahl der Bilder entsprechende Stifte in Thätigkeit gesetzt wird. Das erzielte Resultat ist so günstig, dass diese Methode der stroboskopischen Wirkung als die vollkommenste bezeichnet werden kann. Da auch bei langsamer Umdrehung die Beleuchtung die gleich kurze bleibt, so ist die Möglichkeit geboten, sich schnell abspielende Hergänge in Folge langsameren Tempos der Beobachtung zugänglicher zu machen. Deshalb wurde der Apparat von dem Erfinder Schnellseher genannt. Der erste Apparat wurde 1887 im Kgl. Kultusministerium zu Berlin geladenen Gästen vorgezeigt. Die Kostspieligkeit dieses Apparates und das Bedürfniss seiner Verbreitung für Lehrzwecke gaben die Veranlassung, ihn für den automatischen Betrieb einzurichten, eine Aufgabe, die, so schwierig sie auch war, von der Firma Siemens u. Halske in tadelloser Weise gelöst wurde.

Seinem Äusseren nach gleicht der Automat einem eleganten Wandschränkchen, das nur durch die bekannte Einwurföffnung den Automaten verräth. Die innere Einrichtung ist derart getroffen, dass durch das auffallende Geldstück der elektrische Strom geschlossen wird, der einen die Bildscheiben umdrehenden Motor in Thätigkeit setzt. Der Strom wird unterbrochen, sobald nach einer bestimmten Zeit das Geld aus der Waage herausfällt. Der Automat kann selbstverständlich auch durch Akkumulatoren oder durch Elemente betrieben werden.

Abb.: Bilder aus dem elektrischen Schnellseh-Automat Anschütz. Graben und Hochsprung eines Rennpferdes.

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