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#1047

Dinglers Polytechnisches Journal., 1887, Bd. 261, Heft --, S. 423-425

Prof. J.M. Eder in Wien.
Über die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen Druckverfahren

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Augenblicksbilder und Ballonphotographien.

Von den zahlreichen Augenblicksbildern, welche in der jüngsten Zeit hergestellt wurden, sei nur das hauptsächlichste hervorgehoben.

Im Sommer 1886 stellte O. Anschütz in Lissa, Posen, am Militär-Reitinstitut zu Hannover, ebenfalls im Auftrage des Kriegsministeriums, an 100 Aufnahmen von Pferden in allen [regelmässigen] regel- und unregelmässigen Gangarten her, welche alle vorausgegangenen weit übertreffen. Die Schnelligkeit seiner Apparate (mit elektrischer Auslösung der Momentverschlüsse) ist so gross, dass er 24 Aufnahmen in 0,72 Secunde (d.i. also weniger als 3/4 Secunde) macht. Je nach der Bewegungsart ist er im Stande, die Gesammtaufnahmezeit, bis 3 Secunden auszudehnen. Trotz der grossen Geschwindigkeit mancher Gangarten zeigen sich die Einzelheiten der Bewegung vollständig scharf zergliedert.

Diese Augenblicksbilder sind sämmtlich zunächst in kleinem Format mit sehr lichtstarken Objectiven aufgenommen und wurden nachher vergrössert; dank der Vollkommenheit der Originalaufnahmen lassen sich Vergrösserungen in bedeutenden Abmessungen und vollkommener Schärfe herstellen, welche reich an Einzelheiten sind. Besonderes Aufsehen erregten bei Künstlern die Bilder des nackten menschlichen Körpers bei einem Discus-Werfer. Es sind alle Phasen der Bewegung wiedergegeben, von dem Zeitpunkte angefangen, wo er der Scheibe den ersten Schwung gibt, bis zu dem Augenblicke, wo er, dem entflohenen Geschosse nachblickend, es zu Boden schlagen sieht. Hier sowohl, wie bei den vergrösserten Bildern des Mannes, welcher einen Speer schleudert, ist der Übergang aus einer Stellung zur anderen, sowie das Spiel der Muskeln vollkommen deutlich zu erkennen.

Neuerdings beschäftigt sich Anschütz mit Versuchen über die Aufnahmen fliegender Kanonenkugeln und stellte diesbezügliche Versuche an, welche ergaben, dass diese Aufgabe zu lösen sei. Ausserdem hat Anschütz in neuerer Zeit photographische Thierstudien hergestellt, welche wahre Musterleistungen von Porträten lebender Thiere sind. Dieselben haben eine sehr ansehnliche Grösse (15 cm x 20 cm) und stellen Affen, Wildschweine, Füchse u. dgl. in bewundernswürdiger Lebenswahrheit dar. Bemerkenswerth sind noch die Aufnahmen des Weitsprunges eines Menschen in der Wandlung während des Sprunges; eine Wiedergabe der betreuenden 12 Augenblicksbilder findet sich in der Leipziger Illustrirten Zeitung vom 1. Januar 1887.

Die Professoren Salcher und Riegler haben nach der Methode von Prof. Mach abgeschossene Flintenkugeln im Fluge photographirt und vollkommen scharfe Bilder erzielt. Die von dem Geschosse verdichtete Luftmasse erscheint deutlich als ein einhüllendes Rotationshyperboloid. (Vgl. Eder, Photographische Correspondenz, 1886 S. 363.)

Major Wallace in Ft. Hamilton zu New-York photographirte einen Schuss aus einer Dynamikkanone aus 30 m Abstand. Man sieht am Bilde das Geschütz, den Dampf der Explosion und das davonfliegende Geschoss, welches 1 m lang war und sich mit 200 m Geschwindigkeit bewegte. (Photographisches Wochenblatt, 1886 S. 353.)

Lieutenant Harris stellte Momentbilder von Kanonen während des Abschiessens her, wovon in Scientific American, 1886 Bd. 55, S. 361 eine sehr interessante Abbildung gegeben ist, welche einige Erscheinungen bei der Explosion des Pulvers zeigen, die bei anderen ähnlichen Photographien von Lieutenant David sowie O. Suck nicht sichtbar sind.

O. Suck in Karlsruhe, H. Brandseph in Stuttgart u. A. fertigten sehr gelungene Momentbilder von Militär-Paraden und Manövern, welche sich durch grosse Schärfe bis an den Rand und das aussergewöhnlich grosse Format (18 cm x 24 cm) auszeichnen. Suck benutzte Aplanate von Suter oder Francais und als Entwickler den Soda-Entwickler.

Heliographische Wiedergaben von Augenblicksaufnahmen von Pferden sind in La Nature bezieh. im Bulletin de l' Association belge de Photographie. 1880 S. 495 abgebildet.

Prof. Marey in Paris setzte seine Studien über die einzelnen Bewegungen und Stellungen, welche der Mensch in den verschiedenen Stufen des Laufens, Gehens und Springens annimmt, mit Hilfe der Photographie fort. (Photographisches Archiv, 1886; S. 169)

In Paris unternahmen Tissandier und Nadar am 2. Juli 1886 eine Auffahrt im Luftballon und stellten Photographien vom Ballon aus in einer Höhe von 800 bis 1150 m her. (Comptes rendus. 1886 Bd. 102 S. 224. Photographische Mittheilungen, 1886 1886 Bd. 23 S. 128.)

Freiherr v. Hagen in Berlin fertigte eine Anzahl von sehr gelungenen Photographien vom Luftballon aus, welche durch ihre besondere Deutlichkeit und ansehnliche Grösse als sehr hervorragende Leistungen auf diesem Gebiete bezeichnet werden müssen. Für militärische Zwecke kam es besonders darauf an, sich zu Höhen zu erheben, bis zu welchen feindliche Geschosse entweder nicht reichen oder eine geringe Sicherheit des Treffens haben, z.B. 1000 m und darüber. Die Aufnahmen wurden in Berlin und Umgebung gemacht. Ein Bild zeigt die Jubiläumsausstellung, welches in der Gartenlaube, 1886 S. 721 durch Holzschnitt veröffentlicht wurde.

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